Allgemeine Zeitung
17. Mai 2004


In ein Mädcheninternat verlegt Georges Delnon die Handlung von Vivaldis Oratorium "Juditha triumphans" (Probenfoto), das als szenische Aufführung am Mittwoch Premiere im Großen Haus des Staatstheaters hat.
Foto: Staatstheater

Musik, Mädchen und ein Mord
Georges Delnon setzt Vivaldis Oratorium "Juditha triumphans" in Szene

Tut sie´s, oder tut sie´s nicht? Wird Juditha Holofernes enthaupten? Das ist die große Frage, um die sich alles dreht im szenischen Oratorium "Juditha triumphans", das am Mittwoch im Großen Haus des Staatstheaters Premiere feiert.

Von Cordula Niederelz

Wie die biblische Originalgeschichte verläuft, ist klar: Nachdem der syrische König Nebukadnezar ein Heer unter der Führung von Holofernes in das jüdische Betulia geschickt hat, um das Volk zur Zahlung einer Steuer zu zwingen, weiß Judith nur einen Rat. Sie verführt Holofernes, macht ihn betrunken und enthauptet ihn schließlich.

Eine blutrünstige Geschichte, die Antonio Vivaldi Anfang des 18. Jahrhunderts seinem Oratorium "Juditha tiumphans devicta holofernis barbarie" zu Grunde gelegt hat. Ursprünglich war es als reines Musikstück ohne schauspielerische Elemente gedacht. Nach Meinung von Fachleuten bietet es jedoch so viel dramatisches Potenzial, dass eine szenische Aufführung wie jetzt in Mainz geradezu auf der Hand liegt.

WerkstattgesprächKomponiert hat Vivaldi das Oratorium für ein venezianisches Waisen-Mädchen-Konservatorium. Eine Inspiration für den Intendant des Mainzer Staatstheaters, Georges Delnon, der für die Inszenierung verantwortlich ist. Denn er verlegt die Geschichte der biblischen Judith in den Schlafsaal eines Mädcheninternats. Als Spiel im Spiel führen die Schülerinnen die Geschichte auf. Dabei verliebt sich Juditha allerdings wider Erwarten in Holofernes.

Sie beginnt zu schwanken zwischen ihren Gefühlen und dem Mord, den die Rolle von ihr verlangt: "Wichtig ist uns, einen Gegensatz herauszuarbeiten, zwischen der erdrückenden, uniformen Atmosphäre im Internat und der Welt der Gefühle, die die Mädchen nur im Spiel ausleben können", erläutert Probenleiterin Birgit Kajtna. Dabei gehe es auch um die Klischeerollen von Mann und Frau, die Ausübung von Macht in verschiedenen Formen und das Abtasten von Grenzen.

Entstanden ist die Inszenierung von Georges Delnon in Zusammenarbeit mit der Kammeroper Schloss Rheinsberg. Sie wurde dort bereits im vergangenen Sommer aufgeführt - allerdings mit einem etwas anderen Ensemble. Der Chor wurde für die Mainzer Aufführung von vier auf acht Stimmen verdoppelt und setzt sich ausschließlich aus Studentinnen des Fachbereichs Musik der Johannes Gutenberg-Universität zusammen.

Patricia Roach, Mezzosopranistin am Mainzer Staatstheater verkörpert Juditha. Insgesamt liegt das Stück fest in weiblicher Hand. Denn "Juditha triumphans" wurde nur für Frauenstimmen komponiert und wird auch entsprechend aufgeführt. Pure Frauenpower eben - bei der auch schon mal Köpfe rollen.

Premiere ist am Mittwoch, 19. Mai, 19.30 Uhr, im Großen Haus des Staatstheaters.