Frankfurter Rundschau
06.05.2003

Die Enthüllung des Regenbogens: Händels komödiantische Antikentragödie "Agrippina" bei den Wiesbadener Maifestspielen
Ballett der Zeichen

Von Tim Gorbauch

Die reinigende Kraft der Reduktion und die sättigende, hedonistische Geste der Verschwendung. Früher einmal, in den guten alten Tagen des linearen Fortschritts, schloss das eine das andere aus. In wortstarken Manifesten zog man sich an den Haaren, trat sich vors Schienbein, schwor ewige Rache. Aber wer es ernst nimmt mit dem Ende der Moderne, wer Geschichte als ein Museum abrufbarer Stilmittel begreift und sich im semiotischen Zeichenwald nicht verirrt, der kann heute alles miteinander mischen: Donald Judd mit Jeff Koons, informelle Malerei mit Schriftkunst, venetianische Komödie mit dem Kabuki-Theater. Und daraus Oper machen. Große Oper. Georg Friedrich Händels Agrippina zum Beispiel.

Die entrümpelte, fast leere Bühne (Emmanuel Clolus) zieren schmucklose, bewegliche Trennwände. Hingeworfene, auf die Bühne projizierte Bleistiftskizzen repräsentieren das, was einmal Bühnenbild war, manchmal verweist nur noch einzelne Worte - "der Thron", "die Stadt" - auf den realen Gegenstand. Die Lust an der Abstraktion findet ihre Weiterführung im virtuosen Spiel mit den deutschen Übertiteln. Sie mogeln sich in die Inszenierung hinein, teils als wortgetreue Übersetzung, teils als grafisches Gerüst, teils als schlaglichtartige Zusammenfassung.

Ihr hedonistisches Gegenüber findet die Verschriftlichung von Musik und Raum in den üppigen Kostümen (Olga Karpinsky), dem lodernden Rot der Agrippina, dem ausschweifenden, von Tüll überhäuften, herrlich kitschigen Rosa Poppeas, der alle wichtigen Männer in Händels komödiantischer Antikentragödie verfallen sind. Also Nerone, Ottone und Claudio. Als Kaiser von Rom sollte Claudio eigentlich die besten Chancen haben, aber Poppea hat sich für Ottone entschieden. Das heißt, fast.

Immerhin soll Ottone Claudio beerben, was Agrippina, die Nerone, ihren Sohn aus erster Ehe, auf dem Thron sehen will, zu vereiteln sucht. Dafür erdenkt sie sich eine List, der zunächst Ottone zum Opfer fällt, dann aber niemand, weil die Barockoper die Traumfabrik des 17. und 18. Jahrhunderts war und also zum Happy End neigte, was damals noch lieto fine hieß. So ist am Ende Nerone glücklich, weil er Kaiser spielen darf, Ottone, weil er Poppea zur Frau bekommt und Claudio, weil er alles so salomonisch geregelt hat. Schön, oder?!

Aber auch ein Massensuizid hätte an diesem Abend die Stimmung nicht getrübt, denn niemand braucht ein Happy End, wenn davor die Musik so blüht, wenn sie zittert vor Leben, atmet, wenn sie lacht, wenn sie weint und klagt, Regenbogen enthüllt und ich-weiß-nicht-was-sonst-noch. Jean Claude Malgoire, einer der großen alten Männer der Originalklangbewegung, leitet das auf historischen Instrumenten agierende Barockorchester La Grande Ecurie et la Chambre du Roy des auf Einladung der Maifestspiele in Wiesbaden gastierenden Atelier Lyrique de Tourcoing. Er geht dabei nicht so tief in die Schroffheiten der Partitur, wie es Gardiner vielleicht tun würde, aber der Fluss, den er herstellt, das Ineinander von Bewegungseinheiten, die enorm farbige Frische sind beeindruckend.

Dazu kommen Sänger auf höchstem Barockniveau, allen voran der für den erkrankten Thierry Grégoire eingesprungene Lawrence Zazzo als Ottone, dessen warmer, fließender, bruchloser Countertenor allen menschlichen Regungen Ausdruck verleihen kann. Heller, im Koloraturreigen schwindelfrei zeigt sich der Countertenor Philippe Jaroussky als Nerone, einen profunden und, ja!, männlichen Bass bietet Nigel Smith als Claudio, während Salomé Haller eine gereifte, erfahrene Agrippina, Ingrid Perruche eine jugendlich kokette, sehr bewegliche Agrippina gibt.

Alle Akteure werden auf der Bühne von Schauspielern gedoppelt, einem Ballett stummer Zeugen, deren stilisierte Bewegungen das Geschehen kommentieren. Damit hat auch der antike Chor Einzug gehalten in die verwirrende Welt theatraler Semiotik, die sich Frédéric Fisbach so schlau erdacht hat, dass es ihr manchmal an unmittelbarer Prägnanz fehlt. Langweilig wird es indes nie.

Und wenn doch, kann man für einen kurzen Augenblick die Augen schließen und einfach nur der Musik zuhören. Das schwarze Nichts, mythische Unendlichkeit oder Endpunkt aller Reduktion, Fisbach hätte sicher nichts dagegen gehabt.

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
Dokument erstellt am 05.05.2003 um 17:08:01 Uhr
Erscheinungsdatum 06.05.2003

 

Wiesbadener Kurier
06.05.2003

IMF: Atelier Lyrique de Tourcoing mit Händels "Agrippina" im Großen Haus
Vital im alten Rom


Claudio (Nigel Smith) hat ein Auge auf Poppea (Ingrid Perruche)
geworfen und daher auf Hosen verzichtet.
Bild: Kaufhold

Von Volker Milch

Manchmal fühlt man sich wie im "Figaro": Ein allgemeines Intrigieren, Betrügen und Versteckspielen, dass es eine Lust ist und sich der Kopf dreht. Aber Georg Friedrich Händels Oper "Agrippina" ist 1709 und damit fast 80 Jahre vor Mozarts frecher Buffa geschrieben worden.

Es ist vor allem die nun bei den Internationalen Maifestspielen gastierende Produktion des Atelier Lyrique de Tourcoing, die Mozarts Geist zu atmen scheint: Die schwerelose Inszenierung des Regisseurs Frédéric Fisbach auf der einen, die das barocke Opus in einen Jungbrunnen tauchende Interpretation des Dirigenten Jean Claude Malgoire auf der anderen Seite. Atemberaubende Koloraturen der Stimm-Akrobaten schmiegen sich mit selbstverständlicher Akkuratesse an die instrumentalen Linien, im Orchestergraben regiert in Dynamik und Agogik die hohe Kunst der Nuance.

Fernab trockener Gelehrsamkeit des Historikers ist das Orchester "La Grande Ecurie et la Chambre du Roi" auf Originalinstrumenten ein höchst vitales, virtuoses Ensemble und sorgt dafür, dass man sich ausführlichere Striche in immerhin dreieinhalb Stunden Barockoper eigentlich kaum wünscht. Das Publikum ist begeistert, aber die freien Plätze zeigen doch auch, dass eine selten gespieltes Barockopus offensichtlich nicht ganz das ist, was Wiesbadens Publikum sich als "Große Oper" wünscht und für die Maifestspiele erwartet. Das ist bedauerlich, denn nicht erst seit Harnoncourts und Ponnelles grandiosen Züricher Monteverdi-Produktionen, die 1979 in Wiesbaden gastierten, gibt es bei den Maifestspielen auch eine ehrenwerte Barock-Tradition, in die sich das Gastspiel aus dem nordfranzösischen Tourcoing nun einreihen kann. Außerdem ist diese "Agrippina" endlich einmal eine tatsächlich aktuelle Inszenierung, die erst im März Premiere hatte.

Mit Monteverdis "L'incoronazione di Poppea" hat Händels "Agrippina" einen Teil des Personals gemein, denn beide Libretti bedienen sich bei Tacitus. Eine Ahnung kaiserzeitlicher Dekadenz gibt im Staatstheater auch der Regisseur Frédéric Fisbach, wenn er Kaiser Claudio keine Zeit verlieren und ohne Hosen auf Poppea zustürzen lässt. Ansonsten gibt sich das Intrigenspiel um Claudios Gemahlin Agrippina, die den Sohn Nerone auf den Thron heben möchte, eher brav als fellinesk-orgiastisch wie im alten Rom. Die historische Agrippina soll ja weit weniger weniger zimperlich gewesen sein, ließ ihren Gatten vergiften und wurde später vom Söhnchen Nero um die Ecke gebracht. Es ging dem Kardinal Vincenzo Grimani, der Händel das Libretto schrieb und außerdem Besitzer des Uraufführungs-Theaters in Venedig war, nach den Mutmaßungen der Historiker wohl auch weniger ums alte als ums neue Rom: Zielscheibe der Maskerade könnte der päpstliche Hof gewesen sein.

Wie in einem Gesellschaftsspiel erscheinen die Figuren im Großen Haus auf einem hellen Rechteck. Zug um Zug geht es im Intrigenspiel dem Schlußchor entgegen, wobei die letzte Juno-Szene gestrichen wurde. Die sieben Haupt-Partien verdoppelt Fisbach in einem stummen Bewegungschor, der das Geschehen offenbar pantomimisch kommentieren soll und dabei nicht gerade für größere Klarheit oder nachhaltige Erhellung der Vorgänge sorgt. Rein atmosphärisch und ästhetisch ist die latente szenische Schizophrenie aber durchaus reizvoll: So erstarren etwa die Doppelgänger in pathetischen Denkmal-Posen und steigen bald wieder vom Sockel. Das Bühnenbild von Emmanuel Clolus arbeitet mit wenigen Versatzstücken und setzt auf den graphischen Reiz der Geometrie, unterstützt von aparten (Gegen-)Lichteffekten, ein paar verspielten Projektionen und Olga Karpinskys die Entstehungszeit der Oper zitierenden Kostümen.

Das Gastspiel bescherte dem Staatstheater noch einen Tag vor dem bejubelten Abend eine Zitterpartie: Thierry Grégoire war indisponiert, und es galt, in kürzester Frist einen Countertenor zu finden, der obendrein noch die exotische Partie des Ottone im Repertoire hat. Aus Manchester wurde Lawrence Zazzo eingeflogen, der bereits in der Brüsseler "Agrippina" von 2000 geglänzt hatte und nun aus dem Orchestergraben heraus dem zum stummen Spiel verdammten Grégoire auf höchst eindrucksvolle Weise die Stimme lieh. Nicht minder klangschön und virtuos Philippe Jarousskys Nerone, mit profunder Gewalt der Claudio von Nigel Smith. Im Zentrum des Geschehens stehen natürlich die problematischen Damen Agrippina und Poppea, denen Salomé Haller und Ingrid Perruche ihre Stimmen liehen, sich mit Koloratur-Gewandtheit, Ausdruckskraft und charmantem Spiel in die insgesamt vorzügliche Ensemble-Leistung der französischen Truppe einfügend.

 

Frankfurter Neue Presse
07.05.2003

Bei den Wiesbadener Maifestspielen gab es ein französisches Gastspiel mit Händels Oper "Agrippina".
Würfelspiele im alten Rom

Von Matthias Gerhart

Ein musikalischer Gruß aus Frankreich ("Atelier lyrique de Tourcoing") brachte die selten gespielte, frühe Oper Georg Friedrich Händels. Agrippina, Kaiserin von Rom und Namensgeberin des 1709 entstandenen Bühnenwerks, steht mit ihren Intrigen und Allüren, Lieb- und Leidenschaften im Mittelpunkt der komplizierten Handlung, an der auch Kaiser Claudius, Sohn Nero und General Ottone beteiligt sind. Der junge Nero übrigens noch als Sympathieträger des römischen Volkes.

Die Mauern Roms, die wuchtigen Kaiserpaläste - reduziert ist die Inszenierung von Frédéric Fisbach zu ein paar hin- und herschiebbaren Platten und Würfeln. Viel Ballast auf der Bühne wäre dem Verständnis des komplizierten Handlungsablaufes auch wenig zuträglich. Da konzentriert sich die Regie lieber auf die schönen Stimmen, die vom jungen Händel in bemerkenswert virtuoser Manier in Szene gesetzt wurden. Und auf die frische Orchestermusik, die das Ensemble des "Atelier lyrique" unter der vitalen und souveränen Leitung von Jean Claude Malgoire in zartem barocken Strich vorführte. Kaum zu glauben, dass mit derart sanftem Klang manche harte Intrige der Hauptdarsteller untermalt wird.

Man konnte sich im Staatstheater besonders an der selbstbewussten Salomé Haller erfreuen, die eine bemerkenswerte Titelfigur abgab und die technisch anspruchsvollen Arien in barocker stimmlicher Pracht gestaltete. Ihr zur Seite Nigel Smith als vermisst geglaubter Kaiser Claudius. Aber der Herrscher kehrt siegreich aus der Schlacht zurück und hält der Gattin das kahle Haupt entgegen. Ingrid Perruche verkörperte eine zarte Poppea, die noch nicht jene Verschlagenheit erkennen lässt, mit der sie sich später als Titelfigur bei Monteverdi die Kaiserkrone auf das Haupt setzen lässt.

Die Rolle des Heerführers Ottone hatte vorab die Nerven der Veranstalter hart geprüft. Nachdem der ursprünglich vorgesehene Countertenor Thierry Grégoire stimmlich indisponiert war und die Rolle nur darstellen, nicht aber singen konnte, wirkte der singende Ottone in Person von Lawrence Zazzo aus dem Orchestergraben. Am Ende aber stieg der Mann aus dem Graben auf die Bühne, so dass plötzlich zwei Ottones um Poppeas Zuneigung buhlten. Aber die starken Frauen aus dem alten Rom halten so was aus. Und die Regie kam aus personeller Not heraus noch zu einem originellen Einfall.

 

Allgemeine Zeitung
06.05.2003

Packende, phantasievolle Fassung von Händels früher Oper "Agrippina" bei den Wiesbadener Maifestspielen
Magisches Geflecht aus Liebe, List und Lüge

Von Johannes Bolwin

Und dann das: Stellwände versperren die Sicht, Schauspieler tragen schlurfig, in lässiger Bühnenarbeiter-Manier, Requisiten-Teile hin und her, zwischen Figuren, die wie lieblos abgestellte Schaufensterpuppen in eingefrorener Pose auf Podesten verharren; am Bühnenrand im Hintergrund unschönes Sperrgut. Ein mit zittriger Hand geführtes Dia-Bild - erkennbar ist ein Segelschiff - holpert diagonal über die Leinwand, in Krakelschrift stehen Begriffe drauf: "Thron". Und "Rom, die Stadt". Die ersten Szenen der frühen Händel-Oper "Agrippina" (1709), die von höchst kunstvollen Intrigen im Palast des Kaisers Claudius handelt, lassen stutzen; sie stören, irritieren. Vielleicht weil man insgeheim, von plüschigen Barock-Klischees verführt, in Wiesbadens maifestlichem Musentempel einen rauschenden, opulenten Auftakt erwartet hätte. Doch die Regie von Frédéric Fisbach geht einen anderen Weg. Sie mutet der graziösen, ätherischen Musik und der noblen Pracht der venezianischen Kostüme (Olga Karpinsky) die baustellenhafte, fahrige Lieblosigkeit eines kargen Werkraumes (Bühne: Emmanuel Clolus) zu.

Eine anfangs seltsam durchscheinende, ziellos sich herantastende Oper-Fassung, die aber immer mehr zum grandiosen, sogartige Kräfte entfaltenden Faszinosum anwächst. Der Strom speist sich aus vielen Quellen. Die Tatsache, dass mit Thierry Grégoire eine der Hauptpersonen indisponiert ist und die Ottone-Partie vom britischen Countertenor Lawrence Zazzo gesungen wird, gehört sicher dazu: Zazzo singt die Arien aus dem Orchesterraum, während Grégoire oben auf der Bühne den Ottone mimt - fast wie im Stummfilm.

Um die Schweige-Arie legen Laute und Cello dunkelsamtiges Trauerflor; frappierend magische Momente ergeben sich, als Zazzo zur Lamento-Arie "Ihr, die Ihr mein Klagen hört, habt Mitleid" auf die Bühne steigt und mit zarter Geste dem am Boden liegenden, von allen guten Geistern verlassenen Ottone beisteht. Jeder Figur ist ein schattenhafter, in geometrischen Bahnen die Bühne abschreitender Doppelgänger zugewiesen; mitunter formiert sich die Schatten-Truppe zum antiken Chor, der das Geschehen beobachtet, beäugt, gestisch kommentiert. Den Ottone gibt es also gleich dreifach. Händels Musik, das ist der große Vorzug dieses Gastspiels der französischen Theatertruppe "Atelier Lyrique de Tourcoing" und des Orchesters "La grande ecurie et la chambre du roy", blüht unter dem Dirigat des Barock-Spezialisten Jean Claude Malgoire in einem Farbenreichtum auf, wie man ihn selten erlebt.

Schauspielerische wie sängerische Spitzenleistungen in den fünf Hauptpartien, vielbeschäftigt vor allem das Damen-Duo: Salomé Haller porträtiert die Agrippina mit bewundernswerter sopranesker Leichtigkeit und einer über die gesamte, gut dreistündige Aufführungsdauer nie nachlassenden, beherzten Glaubwürdigkeit; eine begnadete Strippenzieherin, die selbst im dichtesten Intrigen-Dschungel noch den Durchblick behält. Ihr ebenbürtig Ingrid Perruche, die der gedanklich agilen, listigen, aber sympathischen Poppea lebendigen, musikantisch-frivolen Ausdruck verleiht. Zur Einführungsarie "Vergessen wir nicht die List der Liebe und die Lüge" trägt sie in komisch-grotesker Brechung ein halbfertiges Lotter-Kostüm mit "brachliegendem" Reifrock-Gerüst auf der Hüfte.

Altus Philippe Jaroussky, als Nerone ein Glanzlicht, singt intonatorisch kristallklar, mit jugendlicher Elastizität; seine Arie "Wenn die Frau die Liebste einlädt" glüht in melodisch-harmonischem Gefunkel. Nigel Smith (Claudius) ist, voll bassbaritonaler, augenzwinkernder Vitalität, ein veritabler Triumphator und Seitenspringer mit Jupiter-Format, der trotz aller Fallstricke gute Miene zum bösen Spiel macht. Generös überlässt er seinem Stiefsohn Nerone den Thron - aus Staatsräson, wie es Agrippina trickreich zurecht biegt.

Hut ab vor dem Niveau dieses französischen Gastspiels! Und einmal mehr vor den atemberaubenden musikalischen Einfällen eines 24-jährigen Komponisten. Schade nur, dass es lediglich zwei Aufführungen dieses selten gespielten Opern-Juwels gab, das viele andere gewichtigen Werke mit Leichtigkeit aufwiegt.

 

Concertclassic.com
8 Mars 2003

L'Agrippina de Malgoire: plus élégante que sanguine

Par Alexandre Pham

En dirigeant "Agrippina", premier chef-d'œuvre lyrique du jeune Haendel, Jean-Claude Malgoire s'attaque à l'une des partitions les plus emblématiques de l'arène baroque, dans un sillon désormais légendaire tracé par John Eliot Gardiner et René Jacobs, dont la lecture fut mémorable.

L'ouvrage représenté au théâtre San Giovanni Grisostomo de Venise, le lendemain du Noël 1709, contient l'expérience déjà virtuose du jeune auteur allemand âgé de vingt quatre ans. Le style musical, la liberté des combinaisons duos/solos, le traitement inventif des "da capos", l'intelligence novatrice de la construction dramatique, plus complexe et audacieuse qu'il n'y paraît, le goût de la pure vocalità italienne, triomphante mais jamais source de dilution scénique, l'ambition de l'orchestre, suave et plastique, affirment la vitalité d'un génie sûr, alors au début d'une exceptionnelle carrière au théâtre.

Le travail de Jean-Claude Malgoire a surtout recherché la clarté. Directeur "fondu" dans la fosse parmi les musiciens de "La Grande Ecurie et La Chambre du Roy", il veille constamment à l'équilibre des plans sonores, entre cordes bondissantes et bois et vents, suaves à souhait, placés derrière le chef, formant comme une rangée homogène devant le parterre. Cette disposition diffuse idéalement les couleurs de l'orchestre, spécialement dans les airs où l'instrument, flûte ou hautbois, par exemple, double le chanteur.

Sur scène, la mise en scène signée Frédéric Fisbach, explicite les confrontations des acteurs, commente les enjeux incarnés. Une série de projection à la manière d'un exposé d'étudiants rappelle "qui fait quoi" et "qui aime qui". Là aussi s'affirme une volonté d'élucider le drame. On a regretté cependant, dans la seconde partie, la présence du surtitrage sur la scène qui constamment caché par le jeu des chanteurs, empêchait de suivre l'action. En dépit de ces "dérèglements" dont on souhaite qu'ils seront corrigés pour la suite de la tournée, se précise un opéra cynique où les manigances politiciennes se joue de l'amour.

Entre désir et pouvoir, Agrippina déploie mille et une astuces diaboliques. Habile manipulatrice, séductrice sans scrupule : tout chez elle conspire pour placer son fils, Néron sur le trône impérial. Véronique Gens exprime une femme ambitieuse, plus qu'une conspiratrice haineuse prête à rugir si son intérêt est trahi. Récitatifs exemplaires, articulation souple, suave et claire, chant de haute volée, raffinée - trop peut-être pour le rôle ? -, sa voix toujours racée anoblit le caractère d'Agrippina. Celle qui demeure ailleurs une sublime "Comtesse" des "Noces" de Mozart a parfois semblé à contre-emploi. Mais on aime à penser que la soprano pourrait aussi renouveler notre vision du personnage : "élégante machiavelique".

Soumis à sa loi, le "Néron" du contre-ténor Philippe Jaroussky incarne cet adolescent encore maladroit, au désir embryonnaire dont la perversité naissante laisse entrevoir une ambition démesurée. Le chanteur "détonait" dans son costume rayé mauve et sa perruque éclatée d'autant plus que le chant, musicalement parfait, d'une netteté ciselée, confirme qu'il est bien l'étoile montante des vocalistes baroques de l'heure. Sa voix s'est élargie et son jeu a recueilli le bénéfice de ses précédentes prestations dans "Catone" de Vivaldi sous la direction de Jean-Claude Malgoire, dans "La Vérità in Cimento" sous la baguette de Jean-Christophe Spinosi.

Aux côtés de ce duo fascinant, on aura apprécié la tenue plus qu'honorable des "soupirants" d'Agrippina : "Pallas" (Bernard Deletré) et "Narcisse" (Fabrice di Falco). Chant stable mais sans imagination pour l'"Ottone" de Thierry Grégoire. Timbre délicat mais souffle et aigus en difficulté pour la "Poppée" de Donata D'annunzio Lombardi. Enfin, dans le rôle de l'Empereur Claude, le baryton Nigel Smith n'a manqué ni de noblesse ni de puissance.

Reste en définitive l'impression d'une peinture romaine plus lisse qu'éruptive. Certes en jouant grâce à ses "cartes maîtresses", Gens/Jaroussky, le décalage et l'insolence virtuose, Jean-Claude Malgoire sait ménager ses effets mais s'agissant d'une partition où la "furià" italienne du "Caro Sassone" (entendez ce "cher Saxon" c'est à dire Haendel lui-même, ainsi célébré par le public vénitien absolument conquis par son "Agrippina") exulte littéralement, on a souhaité pendant le spectacle en de nombreuses reprises, plus de nerf et de sang, plus d'accents rageurs et de passions héroïques.

Théâtre de Saint-Quentin-en-Yvelines, samedi 8 mars 2003.

 

ConcertoNet.com
21.3.2003

Le chant haendelien à l'honneur

par Christophe Vetter

Eliminons d’emblée le délicat problème d’une mise en scène réfléchie, respectueuse de l’œuvre et pleine de bonnes intentions qui malheureusement n’aboutissent que rarement. Si la direction de ses interprètes par Frédéric Fisbach n' appelle à aucun reproche, tant l’on sent qu’un travail approfondi sur les personnages a été mis en oeuvre, il n’en est pas de même avec une conception très discutable du décor quasi inexistant. Il s’agit en effet plus d’une transformation d’un espace scénique, agrémenté de projections diverses et de modifications de cet espace par une équipe d’acteurs ayant travaillé le livret. Le problème de cette idée est qu’elle lasse terriblement du fait de la durée de l’œuvre, d’autant plus que ces acteurs, supposés représenter le regard ironique des Vénitiens sur Rome affichent une mine lugubre pendant la majorité du spectacle ce qui contredit l’effet souhaité.

Reconnaissons cependant une dernière demi-heure réjouissante à ce niveau, lorsque des projections remplacent les sous-titres et se moquent, tout en les respectant, des conventions du genre. Admirons aussi les costumes et les éclairages particulièrement réussis.

C’est sur le plan musical que nous retrouverons le plus de satisfactions. Jean-Claude Malgoire est un interprète d’Haendel comme peu et c’est souvent avec ce compositeur qu’il donne ses meilleures prestations (il avait réussi l’exploit de diriger en 1987 l’orchestre de l’Opéra de Paris pour Giulio Cesare au Palais Garnier avec un étonnant résultat). Fort d’un orchestre particulièrement en forme, sa direction est à la fois vive et capable de mille nuances et de respirations appropriées. Les récitatifs ne sont jamais sources de tunnels éprouvants grâce à la rare solidité du continuo.

Sur le plan vocal, il faut saluer une équipe particulièrement homogène et qui ne se contente pas de chanter. Véronique Gens était faite pour le rôle d’Agrippina, son timbre un peu sombre contrastant merveilleusement avec celui d’Ingrid Perruche, plus clair et qui campe une séduisante Poppea. Toutes deux ont une technique affinée qui leur permet de se jouer des difficultés de l’écriture haendelienne.

C’est aussi le cas de Philippe Jaroussky qui ne cesse de s’affirmer depuis ses débuts, ne se laissant pas démonter par les redoutables airs qu’Haendel a réservés à Nerone ; il faudrait citer aussi Thierry Grégoire, au timbre délicat qui incarne un Ottone très sensible et qui, après un début hésitant, se montre à la hauteur d’un rôle complexe. Bernard Deletré, un peu lourd dans les vocalises et Alain Buet, toujours stylistiquement parfait et vocalement solide participent à la réussite d’ensemble ; seul Fabrice di Falco, au timbre bien étouffé, n’a pas sa place dans une équipe de ce niveau.

Une réussite donc pour l’équipe de l’Atelier Lyrique de Tourcoing qui tournera dans plusieurs villes de France, en particulier au Théâtre des Champs-Elysées, où une retransmission pour la radio sera effectuée (diffusion prévue sur France Musiques courant avril, à ne pas manquer!).

Tourcoing, Théâtre Municipal
Georg Friedrich Haendel : Agrippina
Véronique Gens / Salomé Haller [6 et 8 avril] (Agrippina), Ingrid Perruche (Poppea), Thierry Grégoire (Ottone), Philippe Jaroussky (Nerone), Nigel Smith (Claudio), Bernard Deletré (Pallante), Fabrice di Falco (Narciso), Alain Buet (Lesbo), Hiromi Asaï, Pierre Carniaux, Xavier Clion, Marielle Coubaillon, Lionel Gossart, Giuseppe Molino, Christian Montout (Comédiens).
Frédéric Fisbach (mise en scène), Benoît Résillot (dramaturgie), Emmanuel Clolus (scénographie), Olga Karpinsky (costumes), Daniel Levy (lumières), Catherine Nicolas (maquillages et coiffures)
Continuo : Benoît Hartoin et Sébastien d’Hérin (clavecin), Christine Plubeau (viole)
La Grande Ecurie et la Chambre du Roy, Jean-Claude Malgoire (direction musicale)
Nouvelle Production de l’Atelier Lyrique de Tourcoing

Également: 6 et 8 mars (St Quentin en Yvelines), 12 mars (Orléans), 16 mars (Clermont Ferrand), 29 mars (Paris, Théâtre des champs Elysées, en version de concert), 1er avril (Brest), 5, 6 et 8 avril (Rennes), 4 et 5 mai (Wiesbaden, Allemagne).