Giessener Anzeiger
19.11.2004

Erfolgsteam stellt Donizetti-Oper vor
Am Sonntag Einführungssoiree in bevorstehende "Lucrezia Borgia"-Premiere

GIESSEN (T). Mit der Oper "Lucrezia Borgia" von Gaetano Donizetti zeigt das Stadttheater demnächst ein seit 30 Jahren nicht mehr szenisch an einer deutschen Bühne aufgeführtes Juwel der Belcanto-Literratur. Am Sonntag, 21. November, findet dazu um 19.30 Uhr in der Reihe "vorgestellt" eine Einführungssoiree mit Regisseur Helmut Polixa, Solisten und dem Orchester statt.

Nach einer Einführung in die Komponistenbiografie und die Entstehungsumstände der Oper durch Musikdramaturg Christian Steinbock erläutert Regisseur Helmut Polixa seine Inszenierung und führt durch einen Abend, der für Freunde schönen Gesangs musikalische Hochgenüsse verspricht.

Es singen Alina Gurina, Holger Falk, David-Erich Fankhauser, Siegfried Lenkl, Arthur Pirvu, Paolo Ruggiero, Sven Väth, Johan Weigel und der Chor des Stadttheaters.

Ein Wiedersehen gibt es mit Giuseppina Piunti in der Titelpartie. Die Italienerin wurde vom Gießener Publikum bereits vor zwei Jahren als Norma in Bellinis gleichnamiger Oper, ebenfalls in der Regie von Helmut Polixa, gefeiert. Es spielt das Philharmonische Orchester Gießen. Mit dem Dirigenten Gabriele Bellini, mit Regisseur Helmut Polixa und Bühnenbildner Stefan Rieckhoff arbeitet in Gießen dasselbe Team zusammen, das 2003 die Oper "Fedora" von Umberto Giordano nach 100-jähriger Unterbrechung für die deutsche Bühne so erfolgreich wiederentdeckt hat. Der Eintritt zu "vorgestellt - Lucrezia Borgia" ist frei.

 

Giessener Anzeiger
24.11.2004

Mut zu großem Pathos und starken Gefühlen
Probengespräch und Einführungsveranstaltung zur bevorstehenden Premiere der Donizetti-Oper "Lucrezia Borgia"


Regisseur Polixa bei der Einführungsveranstaltung.
Bild: Schultz

GIESSEN (ts). Mord, Gift, Intrigen, Eifersucht und Inszest: Nichts davon lässt Gaetano Donizettis (1797 bis 1848) Oper "Lucrezia Borgia" aus. Die Oper um die berühmte Giftmörderin zählt zu den schauerlich-schönen des italienischen Belcanto, ist aber seit Jahrzehnten aus den Spielplänen verschwunden. Der italienische Dirigent und Belcanto-Spezialist Gabriele Bellini sowie Gastregisseur Helmut Polixa erwecken das Werk nun auf der Bühne des Gießener Stadttheaters zu neuem Leben. Am Samstag ist Premiere.

"Bei diesem Stoff muss man Mut zu großen Gefühlen und zu großem Pathos haben. Man darf nicht so tun, als ob dies eine Geschichte von nebenan wäre. Lucrezia ist keine moderne Unternehmersfrau", stellte Polixa gestern im Probengespräch klar. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Inszenierung gab es schon einmal in der gut besuchten Einführungsveranstaltung am Sonntag. "Nichts ist leichter, sich über eine tragische Oper lustig zu machen, aber wenn man es ernst meint, fängt es an, Spaß zu machen", sagte Polixa dabei in Hinblick auf die nach realistischen Maßstäben ziemlich haarsträubende Handlung. Musikdramaturg Christian Steinbock hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Victor Hugos Schauerdrama die Vorlage zu dem Auftragswerk lieferte, das Donizetti mit Feuereifer in nur 25 Tagen komponierte. Die Uraufführung 1833 war ein triumphalter Erfolg.

Im Mittelpunkt steht die Herzogin von Ferrara, Lucrezia Borgia, "die den berühmtesten schlechten Ruf hatte, den man sich überhaupt nur denken kann", so der Regisseur. Der historischen Lucrezia Borgia ist allerdings kein Giftmord nachzuweisen: Sie ging als fürsorgliche Landesmutter in die Geschichte ein.

In Donizettis Oper aus der Blütezeit des Belcanto, also des virtuosen, reich verzierten Gesangs, wird natürlich den ganzen Abend über schön gesungen - und sei die Handlung noch so blutrünstig. Die Aufgabe des Regisseurs besteht nach eigener Aussage vor allem darin, dem Gesang Raum zu geben, dass das Geschehen auch fürs Auge erfahrbar wird. Wie immer bei Einführungsveranstaltungen verstand es Polixa auch diesmal wieder, die Zuschauer in die Welt dieser Oper zu ziehen und sie zu Beteiligten des theatralischen Entstehungsprozesses werden zu lassen. So wies er auf das mit Überblendungen und starker Farbakzentuierung arbeitende Bühnenbild von Stefan Rieckhoff hin. Gerade weil es hier um sehr starke Gefühle gehe, komme es darauf an, Bilder zu erzeugen, die diese Emotionen unterstützen, gleichzeitig aber die Fantasie des Zuschauers nicht einengten.

Auf der Bühne wird es ein Wiedersehen mit zwei überaus attraktiven, ausdrucksvollen Sängerinnen geben: In der hochexpressiven Titelrolle ist die italienische Sopranistin Giuseppina Piunti zu erleben, die in Gießen bereits vor zwei Jahren als Norma in Bellinis gleichnamiger Oper, ebenfalls in der Regie von Helmut Polixa, gefeiert wurde, und in einer Hosenrolle singt die ukrainische Mezzosopranistin Alina Gurina, die in konzertanten Aufführung als Bizets Carmen und Saint-SaDns Dalila Beifallsstürme erntete. Nun verkörpert sie Orsini, den Freund von Lucrezias Sohn Gennaro. Die Partie des Gennaro singt der Tenor Johan Weigel von der Stuttgarter Staatsoper. Lucrezias unterbittlicher Ehemann ist der italienische Bariton Paolo Ruggiero.