WIESBADENER KURIER
6.09.2005

Ein glückliches Ende kann es nicht geben
Foyer: Opernforum zu Mozarts "Cosd fan tutte" / Premiere am 11. September im Großen Haus

Von Richard Hörnicke

WIESBADEN. "Ein elendes welsches Produkt" nannte Richard Wagner das Libretto zu Mozarts Oper "Cosd fan tutte". Er befand sich mit diesem Urteil auf der Linie vieler Experten, die an der "Amoralität" der Vorlage und der angeblichen Unglaubwürdigkeit der Handlung Anstoß nahmen, wenn man auch in den meisten Fällen der Musik des Komponisten die gebührende Anerkennung nicht versagte. So kam es über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus zu einer Menge von Umarbeitungen, mit denen man den "amoralischen" Text Lorenzo da Pontes zu entschärfen versuchte. 1897 führte Richard Strauss, 1900 Gustav Mahler an der Wiener Staatsoper das Werk in ursprünglicher Form auf.

Im "Opernforum" vor der Wiesbadener Premiere nahm Staatstheater-Dramaturg Bodo Busse die Zuhörer im Foyer des Großen Hauses auf diese Wege durch die Interpretationsgeschichte mit, informierte in der von ihm gewohnten kundigen und lebendigen Art über die Entstehungsgeschichte des Werks. In dieser Komposition wird die Szene komplizierter seelischer Probleme beschritten, spiegelt sich das Gefühlsleben der handelnden Personen wider. Don Alfonso, Urheber der Wette, mit der die Treue der beiden Frauen erprobt werden soll, zieht das zynische Fazit: Die herkömmlichen Begriffe von Liebe und Treue sind Gesetzen der Natur unterworfen. Die Entwicklung des Geschehens gibt ihm Recht - der Blick in die menschliche Seele kann nur unglücklich machen. Der Einblick des Zynikers, die abstrakte Gewichtung des Handlungsablaufs vollzieht sich vor dem Hintergrund der Französischen Revolution. Durch die Gedanken der Aufklärung, des Vorherrschens der Ratio, wird das Humanum in Frage gestellt, aber nicht alles ist über den Verstand zu lösen. So scheint hinter dem Wechselspiel und der Verwirrung der Gefühle, nach Schemata der Komödie in Szene gesetzt, die Einsicht auf, dass unser Sein dem Wandel unterworfen bleibt. Ein glückliches Ende kann es nicht geben.

Diese Ansicht wurde auch von der griechischen Sopranistin Myrto Papatanasiu geteilt, die in der Rolle der Fiordiligi in Wiesbaden debütieren wird und wie Ute Döring in der Partie der Despina von Bodo Busse geschickt in seine Ausführungen einbezogen wurde. Zusätzlich zu den Genannten gaben auch Sandra Firrincieli (Dorabella) und Olaf Franz (Alfonso), von Julia Palmova flexibel begleitet, eine stimmlich bestens bewältigte Vorschau auf die Premiere am 11. September um 19.30 Uhr im Großen Haus des Staatstheaters. Regie führt Cesare Lievi, der in Wiesbaden schon "Die Zauberflöte" und "Die Hochzeit des Figaro" inszeniert hat. Die musikalische Leitung hat GMD Marc Piollet.

 

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10. September 2005

Staatstheater Wiesbaden, 11. September 2005
"Cosi Fan Tutte" von Wolfgang Amadeus Mozart
Eine Wette bringt das Geschehen ins Rollen: Der welterfahrene Don Alfonso behauptet, keine Frau auf der Welt könne die Treue halten. Die Freunde Ferrando und Guglielmo halten dagegen. Nie könnten ihre Geliebten sie betrügen!

Die Treue der Geliebten auf die Probe zu stellen, ist Gegenstand der Wette. Verkleidet versuchen die beiden Männer, ihre Verlobten Fiordiligi und Dorabella zu verführen, jeder die Braut des anderen. Alle Mittel werden ausgeschöpft, vom Ständchen bis hin zum vorgetäuschten Selbstmordversuch. Als die Frauen den männlichen Verführungskünsten erliegen, ist nicht nur die Wette verloren, der Glaube an die unschuldige Liebe ist zerstört. So triumphiert Don Alfonso am Ende und zieht den Schluss: "Così fan tutte" – so machen es alle!

Die letzte Opera buffa Mozarts erhielt auf dem Theaterzettel der Uraufführung 1790 den Untertitel "La scuola degli amanti" – die Schule der Liebenden. Ein gefährliches Experiment mit offenem Ausgang. Die scheinbar geordnete Welt der Gefühle gerät ins Wanken.

Regisseur setzt Wiesbadener Mozart-Zyklus fort

Cesare Lievi gehört zu den international gefragtesten Regisseuren mit Inszenierungen in Berlin, Modena, Mailand, New York und Bonn. Im April 2005 inszenierte er am Opernhaus Zürich "Julius Caesar" von Händel mit dem Dirigenten Marc Minkowski und Cecilia Bartoli als Cleopatra. Mit "Così fan tutte" setzt er nach "Die Zauberflöte" und "Le nozze di Figaro" seinen Wiesbadener Mozart-Zyklus fort. Die musikalische Leitung übernimmt Generalmusikdirektor Marc Piollet.