MANNHEIMER MORGEN
25.04.2006

MUSIKTHEATER: Beim Festlichen Opernabend triumphierte vor allem Weltstar Urmana als Kundry
Ein befriedigender "Parsifal"

Von unserem Redaktionsmitglied
Stefan M. Dettlinger

Man muss sich das einmal vorstellen: Vor einem knappen Jahr schlappte dieser Mann, Heldentenor von Beruf, noch durch jenes Kultur-Schlamassel, das ein Typ namens Schlingensief bei den ehrwürdigen Festspielen in Bayreuth aus dem ehrwürdigen "Parsifal" gemacht hatte. Und nun tut er - durch Mitleid wissend und, wie Intendantin Gerber mitteilte, an Allergie und Fieber leidend - selbiges am Nationaltheater Mannheim, wo die neubayreuthische Inszenierung des Bühnenweihfestspiels von Hans Schüler langsam, aber sicher auf ihren 50. Geburtstag im kommenden Jahr zugeht - und besonders im zweiten Aufzug immer noch modern wirkt. Erstaunlich!

Endrik Wottrichs Parsifal jedenfalls mochten schon in Bayreuth nicht alle. In Mannheim beim Festlichen Opernabend ging es ihm nicht viel besser. Weder sein Timbre, das in der Mischung die mittleren Frequenzen stark hervortreten lässt, noch die Textverständlichkeit, die eben auch unter der Stimmfärbung leidet, oder seine dann doch sehr starr wirkende Bühnenpräsenz ließen besonders viel Glanz an der Person des "reinen Toren" zurück.

Dafür gab es drei Glücksfälle an diesem Abend: Frank van Hoves durch und durch exzellent und inhaltlich überzeugend klingender Gurnemanz, Thomas Jesatkos Klingsor, der die zauberhafte Bosheit eines Mephistopheles an den Tag legte, und schließlich sie: Violeta Urmana, der zweite so genannte "Weltstar" des Abends.

Ihre Kundry klang sensationell. Aus einer warmen und runden Mezzo-Dunkelheit kommend, scheint ihre Stimme, mit der sie längste Melodielinien formvollendet modelliert, zur dramatischen Höhe hin kaum Grenzen zu kennen, vor allem: Der Ton wird auch im Fortissimo des zweigestrichenen "h" nie schrill, bleibt tief körperlich, und auf die sonst im hochdramatischen Fach doch immer wieder zu üppig eingesetzte Vibrato-Kiste braucht Violeta Urmana nicht zurückzugreifen.

Unterdessen waren es schnelle Tempi, die Axel Kober am Pult des Nationaltheater-Orchesters und -Chors wählte. Waren sie der Grund dafür, dass es im ersten Aufzug zu deutlich hörbaren Intonationsschwierigkeiten bei den Bläsern und im Chor kam und so mancher Holzbläserakkord im Piano nicht auf den Punkt kam? Schwer vorstellbar. Jedenfalls fehlte es dem Gesamtklang an den leisen Stellen, etwa gleich bei der Vorstellung der drei ersten Motive im Vorspiel (Liebe, Leid, Speer), an innerer Ruhe, während man sich die extrem lang gezogenen "Parsifal"-Phrasen im Tutti auch nachdrücklicher vorstellen kann. Insgesamt das Fazit: ein befriedigender Wagner-Abend.