Frankfurter Rundschau
6. September 2006

Ein bisschen abgehangen
Die Frankfurter Oper nimmt Christof Nels "Meistersinger von Nürnberg" wieder auf

VON HANS-JÜRGEN LINKE

Im dritten Akt denkt Hans Sachs über der Welten Wahn nach, und er hat allen Grund dazu. Schließlich ist Wahn ein zentrales Wort im Leben und Schaffen Richard Wagners, der die Meistersinger von Nürnberg geschrieben hat, in der Hans Sachs denkt. Christof Nel hat diesen Wahn zum Ausgangspunkt seiner Inszenierung der Meistersinger genommen, die vor gut einem Dutzend Jahren erstmals in Frankfurt zu sehen war und nun in neuer Besetzung wieder im Spielplan der Oper steht. Genau genommen sind es zwei Arten von Wahn: der eine gilt der zentralen Figur der Eva (Juliane Banse in ihrer ersten Rolle an der Oper Frankfurt), zu der sich die relevanten Männer auf der Szene hingezogen fühlen, zum anderen geht es um den Wahn von Regeln, Ausgrenzung und Ordnung, an deren Ende jemand zusammengeschlagen am Boden liegt oder sechseckige Sterne und Haufen von Schuhen auf der Bühne Assoziationen wecken.

Komisch jedenfalls ist das nicht, was da zu sehen ist, die Inszenierung ist streng, gestattet wenig losen Witz und setzt nachdrückliche ideologiekritische Akzente. Sie wirkt darum, wenn auch nicht unsympathisch, so doch ein bisschen abgehangen und statuarisch. Wolfgang Koch ist ein ehrwürdiger und stimmlich ausdruckskräftiger Hans Sachs, Johannes Martin Kränzle ein überaus präsenter Beckmesser, Raymond Very ein tenoral strahlender Stolzing.

In der Wiederaufnahme-Premiere gab es im ersten Akt noch Klärungsbedarf zwischen Ensemble und Orchester, den Roland Böer im zweiten Akt in den Griff bekam, wenngleich seine Annäherung an Wagner ein wenig Schliff vermissen ließ. Die fast einhellige Begeisterung des Publikums galt der enormen Energieleistung, der inszenierten Opulenz und den ausgezeichneten sängerischen Leistungen des Ensembles.

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Dokument erstellt am 05.09.2006 um 16:12:04 Uhr
Erscheinungsdatum 06.09.2006

 

Frankfurter Neue Presse
05.09.2006

Ein Alpdruck liegt über der Festwiese
Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg" wurden an der Frankfurter Oper wieder aufgenommen.

Christof Nel tauchte das Geschehen hinter den altfränkischen Butzenscheiben in ein gleißendes, weißes Licht. Diese „Meistersinger"-Inszenierung aus dem Jahr 1993 ist in ihrer Klarheit und Symbolik im Gedächtnis haften geblieben und – nach einer Neupremiere 2002 – nun völlig zu Recht wieder aufgenommen worden.

Nürnbergs Handwerkerzunft besteht aus lauter fein gekleideten Herren. Nur Sachs, der Schuhmachermeister, kommt im verschwitzten Unterhemd daher. In seiner Werkstatt spielen ja auch weite Teile der Handlung. Und da gibt es den Stadtschreiber Beckmesser, den Außenseiter und Mittelpunkt des Pogroms im zweiten Akt. Der antisemitische Aspekt der „Meistersinger" steht ja im Mittelpunkt der Deutung Nels. Hier wölben sich überdimensionale Davidsterne auf der Bühne, wird die zentrale Rolle des Schreibers mit einem großen Zeigefinger symbolisiert. Ein Alpdruck liegt also über der fröhlichen Handwerkerschar, die auf der Festwiese ihren Sangeswettstreit feiert. Auch hier gibt es weder den großen Lindenbaum noch die Fachwerkhäuschen. Die Menge steht vor einem fahlen, grauen Hintergrund und feiert Stolzing und Eva Pogner.

Die Wiederaufnahme profitierte von den hervorragenden sängerischen Leistungen der Hauptdarsteller, allen voran Wolfgang Koch als Sachs, der nicht nur in der Fliederarie sanften Schmelz verbreiten konnte. Kräftig, wie es sich für einen Meister gehört, kam auch Magnus Baldvinsson als Pogner zum Einsatz; in einem reizenden Kontrast hierzu die zarte Juliane Banse als Eva. Erwähnung aber hat vor allem Raymond Very als Stolzing verdient, der mit seinem „Morgenlich leuchtet" nicht nur das Personal der Festwiese sondern auch das Publikum verzauberte. Das kräftige Blech des von Roland Böer geleiteten Museumsorchesters wirkte am Ende satt und füllig. (Ge)

 

OFFENBACH POST
7. September 2006

Parabel von zeitloser Gültigkeit
Christof Nels "Meistersinger von Nürnberg" in Frankfurt wiederaufgenommen

Mit den "Meistersingern von Nürnberg" ist es kein leichtes. Christof Nel genehmigte sich an der Frankfurter Oper einen zweiten Anlauf der überprüfenden Beschäftigung mit dem Musikdrama, in dem Richard Wagner sein Bild vom Wesen der Deutschen scharf umreißt - und ihnen in der Figur des Beckmesser eine jüdische Figur entgegenstellt, die zur Projektionsfläche eines sich über die Kunst definierenden Kollektivwahns wird.

Nun ist die 2002 entstandene überarbeitete Fassung der auf das Jahr 1993 zurückgehenden Inszenierung wieder aufgenommen worden. Die differenzierte Wagner-Sicht Nels vermag in ihrer Umsetzung durch eine enorme Bildkraft für sich einzunehmen. Schon der vom Regisseur gemeinsam mit Dorien Thomsen und Max von Vequel-Westernach entwickelte weiße Bühnenraum deutet in seiner Neutralität die angestrebte überzeitliche Allgemeingültigkeit an. Es geht hier um die analysierende Betrachtung eines Spiels der entfesselnden entfesselten Kräfte: Auf der einen Seite die sich über einen kultischen Charakter der Kunst definierende Gemeinschaft, auf der anderen der durch sein Anderssein als "Störenfried" wirkende Ausgegrenzte, das dankbare Opfer von Volkes Zorn. Die Führung der das Individuum bedrängenden Gruppen, insbesondere des Volkes im Schlussbild (Choreografie: Irene Klein), ist von einer eindrücklichen Raumkörperlichkeit, die behutsam jede Tendenz zum Plakativen meidet.

Nels bedeutende Regiearbeit präsentiert sich in der aktuellen Wiederaufnahme in einem hervorragenden Zustand. Eine Reihe von Rollendebüts ist zu vermelden. Johannes Martin Kränzle vermochte als Beckmesser stimmlich wie darstellerisch durch eine feine Subtilität zu überzeugen. Mit ihrem das dramatische Moment nicht zu stark ausreizenden Sopran gab Juliane Banse der Eva Gestalt, Raymond Very in der Rolle des Stoltzing hingegen hätte man etwas mehr Charakterfarbe gewünscht. Bisweilen expressiv aufgeladen: Der geschmeidige Bass von Wolfgang Koch als Hans Sachs, sehr sicher der David von Carsten Süß, glaubwürdig Florian Plock im Part des Hans Foltz. Verwiesen sei noch auf den fein skizzierten Veit Pogner von Magnus Baldvinsson und die ausgereifte Darstellung der sanglich in sich ruhenden Claudia Mahnke (Magdalena).

Dem ein exzellent präpariertes Orchester mit fein abgestuften Motivfolgen - sowie einen sehr beweglich agierenden Chor (Einstudierung: Alessandro Zuppardo) - leitenden Kapellmeister Roland Böer stand eine durchweg ansprechende Sängerbesetzung zur Verfügung. So kommt bei einem wie immer umfänglichen Wagner kein Gefühl von Länge auf.

S. MICHALZIK

 

Der Neue Merker
5. September 2006

Oper Frankfurt, 03.09.2006
DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG von Richard Wagner

Nach der Premiere im Jahr 1993 und einer Wiederaufnahme in der Spielzeit 2001/2002 steht Christof Nels Interpretation von Wagners Meistersingern in dieser Saison erneut auf dem Spielplan der Oper Frankfurt.

Dem Stil des Hauses entsprechend, spielt seine Version in abstrahierenden, zeitlosen Bühnenbildern und Kostümen. Der Regisseur beschreibt seine Sichtweise wie folgt:„Dieses

Meistersinger-Nürnberg ist für mich ein Ort, wo Regeln nicht nur eine Art Gebrauchsanweisung zum Singen sind, sondern eine Art Dechiffrierung von Leben. Mich interessiert der Druck, der dadurch entsteht, und was durch die Regeln mit den einzelnen Menschen geschieht. Wie verfährt das Regelwerk mit Fremden, mit Juden, mit Minderheiten?"

Eine Vielzahl von Haus- und Rollendebüts verwandelte diese Wiederaufnahme unter der sicheren musikalischen Leitung von Roland Böer schon fast in eine Premiere:

Als neues Ensemblemitglied stellte sich die Mezzosopranistin Claudia Mahnke vor, die schönstimmig eine lebendige und agile Magdalene gab. Magnus Baldvinsson sang Veit Pogner mit kräftigem Baß, Carsten Süß gestaltete die Rolle des Lehrburschen David sicher und makellos.

Von der Tagespresse hoch gelobt gab der US-amerikanische Tenor Raymond Very zum ersten Mal den Walther von Stolzing. Mich überzeugte er vor allem in seinen zahlreichen lyrischen Passagen, für die expressiveren Momente war mir seine Stimme aber (noch) nicht voluminös genug.

Die Publikumslieblinge des Abends waren meines Erachtens völlig zurecht Juliane Banse als Eva, Johannes Martin Kränzle als Sixtus Beckmesser und Wolfgang Koch als Hans Sachs.

Frau Banse konnte scheinbar mühelos gegen das sauber und engagiert aufspielende Museumsorchester und die souverän auftrumpfenden Chormassen (Einstudierung: Alessandro Zuppardo) bestehen, ohne dass ihre Stimme dabei an Schönheit oder Strahlkraft verlor. Einen großen persönlichen Erfolg konnte auch Johannes Martin Kränzle als Beckmesser für sich verbuchen. Schauspielerisch genial, verkörperte er stimmlich ebenso tadellos die Rolle des Sixtus Beckmesser. Als überragender Hans Sachs fügte sich Wolfgang Koch in das hochkarätige Ensemble ein. Er war der anspruchsvollen Rolle jederzeit gewachsen, so dass es mich wundern würde, seinen Namen zukünftig nicht häufiger auf den Besetzungszetteln der größeren Opernhäuser wieder zu finden.

Die sechseinhalb Stunden vergingen insgesamt wie im Fluge. Orchester, Chor und die Solistenschar wurden mit Ovationen vom Publikum gefeiert.

Marc Rohde

 

festspiele.de
05.09.2006

Das Regelwerk gebrochen
Wiederaufnahme von Christof Nels Inszenierung der „Meistersinger von Nürnberg" an der Frankfurter Oper mit exzellenten Sängerdarstellern
Theodor W. Adorno hatte einst behauptet: „All die Zurückgewiesenen in Wagners Werk sind Judenkarikaturen." Adornos Diktum blieb von Seiten der Wissenschaft nicht unwidersprochen.

Von Roman Kocholl

Dennoch spürte die Oper Frankfurt in ihrer Produktion von Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg" diesem Gedanken des Frankfurter Soziologen und Philosophen nach. Christof Nels Inszenierung hatte bereits im Jahr 1993 Premiere, in der Spielzeit 2001/2002 kehrte sie in einer überarbeiteten Fassung auf den Spielplan zurück. Vergangenen Sonntag wurde die Produktion nach längerer Pause und mit zahlreichen Rollendebüts wieder in den Spielplan aufgenommen.

Abels als verbindendes Element

Zum Bayreuther „Ring des Nibelungen" der diesjährigen Festspielsaison gibt es ein verbindendes Element in der Person von Norbert Abels, der in beiden Inszenierungen als Dramaturg mitwirkte. Dennoch könnten die Gegensätze zwischen den Produktionen kaum größer sein. Christof Nels abstrakte, großflächige Bühnenbilder bieten nicht den Raum für eine hübsche Bebilderung. Nürnberger Butzenscheibenromantik sucht man auf der Frankfurter Opernbühne vergebens. Stattdessen triumphiert dort ein spielfreudiges Ensemble mit exzellenten Sängerdarstellern, die ihren Rollen in jeder Szene ein ausgefeiltes Profil verleihen. Christof Nel formuliert seine Sicht auf das Stück so: „Dieses Meistersinger-Nürnberg ist für mich ein Ort, wo Regeln nicht nur eine Art Gebrauchsanweisung zum Singen sind, sondern eine Art Dechiffrierung von Leben. Mich interessiert der Druck, der dadurch entsteht, und was durch die Regeln mit den einzelnen Menschen geschieht. Wie verfährt das Regelwerk mit Fremden, mit Juden, mit Minderheiten?"

Der malträtierte Merker

Brutal. Sixtus Beckmesser bekommt dies in der Prügelfuge am Ende des zweiten Aktes schmerzhaft zu spüren. Es ist keine fröhliche Keilerei nach einer durchzechten Johannisnacht, die hier über die Bühne geht. Allein an dem missratenen Ständchen kann es nicht gelegen haben, dass die Meute den Merker so martialisch malträtiert. Bereits im ersten Akt machte die Regie deutlich, dass Beckmesser einer ist, der am Rand der feinen Meister-Gesellschaft steht. Der Angstschweiß glänzt gleichsam auf des Stadtschreibers Stirn. Beckmesser fühlt sich nicht wohl in seiner Haut. Er flüchtet in die gespielte Arroganz des Intellektuellen, die ihm Schutz zu versprechen scheint. Johannes Martin Kränzle bietet als Beckmesser eine faszinierende Charakterstudie des letztendlich Scheiternden ­ wofür ihn das Publikum in der Frankfurter Oper begeistert feiert. Ja, es ist möglich, dass sich Opernsänger schauspielend verschleudern und zugleich exzellent singen können. Zu den Entdeckungen des Abends zählt in dieser Hinsicht auch Wolfgang Koch in der Rolle des Hans Sachs. Stimmlich und darstellerisch differenziert, gibt er einen großartigen Sachs. Nicht zuletzt beim Wahnmonolog bietet ihm die Regie Raum für eine starke Szene. Sinnierend steht Sachs mit seinem forschenden Blick in Stadt- und Weltchronik auf der verlassenen Bühne und hält einen Globus in der Hand. Es gelang, die Melancholie von Wagners Orchestervorspiel gleichsam ins Szenische zu überführen.

Grotesk überzeichnet hingegen vollzieht sich der Aufmarsch der Zünfte. Riesenpuppen im Dirndl drehen sich über die Bühne. Die Festswiese ­ ein Albtraum. Man darf gespannt sein, ob Katharina Wagner bei ihrer „Meistersinger"-Inszenierung bei den Bayreuther Festspielen 2007 ähnlich mutig zu Werke gehen wird. Zum auf hohem Niveau agierenden Ensemble gehören auch Juliane Banse (Eva), Claudia Mahnke (Magdalena), Raymond Very (Walther von Stolzing), Carsten Süß (David) und Magnus Baldvinsson (Veit Pogner). Leider deckt das Frankfurter Museumsorchester immer wieder die Sänger zu und klingt unter der Leitung von Roland Böer wesentlich grober als unter Generalmusikdirektor Paolo Carignani, der diese Produktion einst in Frankfurt dirigiert hat.

 

kulturfreak.de
September 06

} oper frankfurt
Wagner Die Meistersinger von Nürnberg

Sechs Stunden für einen Opernbesuch (inklusive ausgiebiger Pausen) sind durchaus eine Herausforderung, selbst für einen Kulturfreak. Doch wenn Inszenierungsstil und Sangeskunst derart erfreulich dargeboten werden, wie bei dieser Wiederaufnahmepremiere von Wagners „Die Meistersinger aus Nürnberg" an der Oper Frankfurt, dann vergehen diese Stunden viel zu schnell, möchte man doch gar, dass dieser Hochgenuss nimmer enden möge.

Regiemeister Chritof Nel verzichtet bei dieser Inszenierung auf konkrete Hinweise auf Ort und Zeit, vermeidet Idyll und Heimatklischee. Zusammen mit Dorien Thomsen und Max von Vequel-Westernach schuf er einen abstrakten weißen Bühnenraum, im Format eines längs gestellten Schuhkartons. Eine weiße, drehbare Wand grenzt den Raum nach hinten ab. Im ersten Akt („Aufzug" nach R. Wagner) steht in der Mitte dieser Wand den gesamten ersten Akt über ein Mann (Martin Georgi) auf einem kleinen Brett. Der Mann ist lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet, die Arme seitlich in je einer Schlinge, ganz so wie Jesus am Kreuz. Dies ist der einzige Hinweis auf den Ort des Geschehens (die Nürnberger Katharinenkirche).

Der gleiche Grundraum dient auch als Kulisse für den zweiten Akt. Jetzt allerdings überwiegend ohne Zwischenwand, dafür mit einer Batterie von Schuhen für das Heim von Sachs auf der rechten Seite und einem aufgeklappten Quader als Vordach für das Heim Pogners links. Um die Szenerie trotz der Weite nach hinten intim zu halten, wird der vordere Bühnenteil leicht angehoben, von oben senkt sich ein Art Dach herab.

Beim dritten Akt schließlich sitzt Sachs auf einem Berg von Schuhen, bei noch immer gleichem (weißen) Grundraum. Für die Schlussszene, das fünfte Bild im dritten Akt (Aufzug), verwandelt sich die Szene nicht in eine Wiesenlandschaft, sondern in schlichtes schwarz: rechts, links, vorne, hinten und unten. Schwarz gekleidete Figuren mit überdimensionalen weissen „Flaschenverschlüssen" stellen zunächst lose einen Naturbezug dar, bevor dann ein Stuhl für die Braut und ein Podest für den Sänger platziert werden.Insgesamt also eine recht abstrakte Bühne, mit einigen Symbolen (wie beispielsweise den großen gelben Davidsternen), zeitlos (gemäß Vorgabe von R. Wagner spielt die Oper im 16. Jahrhundert) und dadurch aktuell und zum Nachdenken anregend. Verbunden mit einer gut gelösten Personenführung und schönen Kostümen (Ilse Welter) ein schlüssiges Konzept um die Geschichte von Eva und Walter, die Diskussion über die Kunst und nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit der Frage über den rechten Umgang mit Außenseitern.Meisterhaft die teilweise recht junge Besetzung dieser Wiederaufnahme, nicht wenige hatten ihr Debüt an der Oper Frankfurt und/oder auch ihr Rollendebüt, weshalb der harmonisch runde und ausgewogene Gesamteindruck umso mehr erfreut. Magnus Baldvinsson als Vater Veit Pogner, Carsten Süß als David, Franz Mayer als Fritz Kothner und Claudia Mahnke als Magdalena seien hier stellvertretend für das Ensemble erwähnt. Erfrischend leicht und mit ganz viel Charme gibt Juliane Banse eine junge Eva, die ganz ihrem Geliebten Walter von Stolzing (Raymond Very) verfallen ist.

Sich selbst übertroffen hat der Anwärter auf den Titel „Hauskomiker": Johannes Martin Kränzle", der dem Sixtus Beckmesser nicht nur Wohlklang sondern auch ein sehr menschliches Profil gibt, über den sich das Publikum amüsiert und zugleich mit ihm leidet. Trumpf der Wiederaufnahmeserie ist jedoch Wolfgang Koch in der Rolle des Hans Sachs. Ist er auch lässig gekleidet und alles andere als ein Spießer, gibt er den Sachs mit großer Autorität, begeistert dabei mit seinem kraftvoll strahlenden Klang.

Die Leistung der Sänger unterstützten die Lehrbuben, mit überzeugender Klangfülle zudem der von Alessandro Zuppardo einstudierte Chor und Extrachor der Oper Frankfurt. Die gute Textverständlichkeit dieser Aufführung ist auch ein Verdienst von Kapellmeister Roland Böer, der das Frankfurter Museumsorchester forciert und mit warmem Klang dirigiert.

Am Ende rundherum Begeisterung für ein Opernerlebnis der Extraklasse.

Markus Gründig

Besuchte Vorstellung: 3. September 06