hr-online
22.02.2007

Frankfurt am Main Oper
Udo Zimmermann Weiße Rose

Münchner Universität, Februar 1943: Hans und Sophie Scholl werden festgenommen und vier Tage später zum Tode verurteilt. In 16 Szenen reflektieren die Geschwister eine Stunde vor ihrer Hinrichtung über die Umstände ihres nahen Todes.


Michael Nagy (Hans Scholl), Britta Stallmeister (Sophie Scholl) (Bild: Wolfgang Runkel)

1986 wurde die Oper Weiße Rose von Udo Zimmermann (* 1943) in Hamburg uraufgeführt. Zuvor hatte der Komponist den Stoff, der sich intensiv mit der Widerstandsbewegung in der Nazi-Zeit auseinandersetzt, im Jahr 1968 unter gleichem Titel schon einmal vertont, wobei diese Erstfassung der zweiten Version weder musikalisch noch textlich ähnelt. Somit entstand nach einem Reifeprozess von fast 20 Jahren ein Werk, für das Zimmermann sich differenzierterer Kompositionstechniken bediente. Basierend auf Tagebuchzitaten der Geschwister Scholl und auf Texten u.a. von Dietrich Bonhoeffer verarbeitete der Dramaturg und Autor Wolfgang Willaschek (* 1958) literarische Gedankensplitter zu einem hochexpressionistischen Libretto.

Die anderthalbstündigen „Szenen für zwei Sänger und 15 Instrumentalisten" zeigen den 22. Februar 1943 im Gefängnis München-Stadelheim. Die Münchner Studenten und Anhänger des Widerstandskreises Die weiße Rose, Sophie und Hans Scholl, werden im Angesicht ihrer Hinrichtung von visionären Bildern, Erinnerungen und ohnmächtiger Angst heimgesucht. Im Grauen der Nazizeit erleben beide ihre Gedanken in entfernten Monologen und einsamer Trance.

Die musikalische Leitung dieser Neuproduktion im Bockenheimer Depot liegt bei Yuval Zorn. Von 2002 bis 2004 war er Erster Dirigent des Vilar Young Artists Programme am Royal Opera House Covent Garden in London. Während dieser Zeit erarbeitete der junge Israeli u.a. eine Reihe von Uraufführungen und begann eine enge Zusammenarbeit mit Antonio Pappano. Gastengagements führten ihn zum Festival von Glyndebourne sowie an die Opernhäuser von Kopenhagen, Brüssel und Tel Aviv. Christoph Quest präsentiert mit Weiße Rose seine erste Regiearbeit. Dem Publikum der Oper Frankfurt ist der Schauspieler als Bassa Selim in Mozarts Die Entführung aus dem Serail bekannt; einer Partie, die er auch am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel sowie am Grand Théâtre de Genève verkörperte. 2005/06 übernahm er die Rolle des Mannes in Marc Neikrugs Musikdrama Through Roses im Bockenheimer Depot. Quest arbeitete u.a. mit den Regisseuren Christof Loy, George Tabori, Jürgen Flimm, Hans Hollmann und Hansgünther Heyme. Zudem ist er aus zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen bekannt. Seit 1998 ist die Sopranistin Britta Stallmeister (Sophie) Ensemblemitglied der Oper Frankfurt. Zu ihren letzten Aufgaben gehört u.a. die Titelpartie in Rimski-Korsakows Die Zarenbraut. Der Bariton Michael Nagy (Hans) wechselte zu dieser Saison von der Komischen Oper Berlin nach Frankfurt und präsentierte sich kürzlich mit der Partie des Papageno in Mozarts Die Zauberflöte erstmals als neues Ensemblemitglied. Der Schauspieler Dominic Betz (Christoph Probst) wurde in Frankfurt geboren und nahm 2003 sein Studium an der dortigen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst auf. Gastengagements führten ihn bisher u.a. an die Theater von Gießen und Mainz. (nrc)

 

Frankfurter Neue Presse
07.03.2007

Die Gedanken sind frei
Die Oper Frankfurt bringt am 9. und 10. März Udo Zimmermanns „Weiße Rose" sowie Rimski-Korsakows „Mozart und Salieri" zur Premiere

In beiden Werken geht es um die Grenzwanderung zwischen Leben und Tod, um die Freiheit des Menschen und um die Dinge, die unsterblich sind, wie die Musik, der Glaube, die Ideen, die kein Salieri, kein Roland Freisler morden kann.

Bereits 1967 hatte Udo Zimmermann mit einem Libretto seines Bruders Ingo seine erste Oper „Die weiße Rose" in Dresden herausgebracht. In dieser Version waren neben Hans und Sophie Scholl, dem von den Nazis als Widerstandskämpfer 1943 in München-Stadelheim ermordeten Geschwisterpaar, auch alle anderen hingerichteten Mitglieder der Widerstandsgruppevertreten. In seinem zweiten Werk zum selben Thema, der als „Szenen für zwei Solisten und 15 Instrumentalisten" 1986 uraufgeführten „Weißen Rose", konzentrierte sich Zimmermann ganz auf das Innenleben des 25-jährigen Hans Scholl und seiner drei Jahre jüngeren Schwester Sophie, das in Reflexionen und Traumsequenzen geschildert wird. Musikalisch orientiert sich Zimmermann an protestantischen Chorälen und dem deutschen Kunst- und Strophenlied im Sinne von FranzSchubert und Robert Schumann. Der Schauspieler Christoph Quest zeigt sich in Frankfurt bei seiner ersten Opernregie besonders davon berührt, wie viel Menschlichkeit, Glück und Liebe die Briefe der Geschwister ausstrahlten, die in seinen Augen vor allem für Liebe und Leben kämpften. Verkörpert werden Sophie und Hans von den Frankfurter Ensemblemitgliedern Britta Stallmeister und Michael Nagy. (pop)