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26. November 2007

Staatstheater Darmstadt 31. Dezember 2007
Die Kluge von Carl Orff

Ein König heiratet die kluge Tochter eines Bauern. Doch die neue Königin ist nicht nur klug, sondern auch gerecht. Als der König in einem Rechtsstreit ein Fehlurteil fällt, stellt sich seine Frau gegen ihn und wird aus dem Schloss verstoßen.

In einer Truhe darf sie das mitnehmen, „woran ihr Herz am meisten hängt". Am nächsten Morgen wacht der König in der Truhe liegend unter einem blühenden Baum auf. Nach der mit großer Resonanz aufgenommenen Doppelpremiere Oedipus der Tyrann und Antigonae in der vergangenen Spielzeit wird mit der Klugen die Reihe mit Werken des Münchner Komponisten Carl Orff fortgesetzt. Seit seiner Uraufführung 1943 in Frankfurt am Main erfreut sich das ebenso komische wie tiefsinnige, auch mit durchaus (regime-)kritischen Passagen durchsetzte Stück weltweiter Beliebtheit. Den in allen Kulturvölkern bekannten Märchenstoff von der Klugen hat Orff in ein „handfestes Theaterstück" mit bunter, direkter Bühnenwirksamkeit verwandelt. Durch Emotionalisierung und Psychologisierung erhöhte er die schematischen Märchenfiguren zu individuellen Charakteren und schuf damit „eine Geschichte, kein Märchen, von lauter Lebendigen gespielt" (Orff).

Die Kluge | Musik von Carl Orff
Die Geschichte von dem König und der klugen Frau
Text von Carl Orff nach dem Märchen Die kluge Bauerntochter aus dem 2. Band (1815) der Kinder- und Hausmärchen von Jacob Ludwig Karl und Wilhelm Karl Grimm und Varianten des Weltmärchens

Musikalische Leitung | Lukas Beikircher
Inszenierung | John Dew
Kostüme | José-Manuel Vázquez

 

Darmstaedter Echo
27.12.2007

Darmstadt: John Dew inszeniert Carl Orff

Eine „Märchenoper für die ganze Familie" bereitet das Darmstädter Staatstheater vor. Carl Orffs Musiktheaterstück „Die Kluge", das seine Geschichte einem Märchen der Brüder Grimm entlehnt hat, wird vom Intendanten John Dew als Mischung aus Oper, Operette, Schauspiel, Clownerie und Commedia dell’Arte inszeniert. Susanne Serfling singt die Titelrolle der Bauerntochter, die es durch ihre Klugheit bis zur Königin bringt. Die Premiere am Montag (31.) ist Teil der Silvestergala im Staatstheater, bei der auch eine neue Version des Sketches „Dinner for One" zu sehen sein wird. job

 

Darmstaedter Echo
28.12.2007

Ab mit dem König in die Kiste
Musiktheater: Dew inszeniert Orff: „Die Kluge" hat am Montag in der Silvestergala des Staatstheaters Darmstadt Premiere

Von Heinz Zietsch

DARMSTADT. Da hilft kein Lamentieren: Der Bauer hat einen goldenen Mörser gefunden und bringt ihn gegen den Rat seiner Tochter dem König. Doch der glaubt ihm nicht: Weil der dazugehörige Stößel fehlt, bezichtigt er den Bauern des Diebstahls und wirft ihn in den Kerker. Dort lamentiert er dann „Oh, hätt’ ich meiner Tochter nur geglaubt." Da hilft das Klagen aber doch. Der König wird neugierig, und der Bauer erzählt ihm von seiner klugen Tochter. Nun will’s der König genau wissen und gibt der Klugen drei Rätsel auf, die sie alle löst, worauf der König sie zur Frau nimmt. Bald wird ihre Klugheit erneut auf die Probe gestellt. Weil sie in einem Rechtsstreit dem König, der ein Fehlurteil gefällt hat, widerspricht, wird sie von ihrem Gemahl verstoßen. Doch der hat die Rechnung ohne seine kluge Frau gemacht. In einer Truhe darf sie nämlich alles mitnehmen, woran ihr Herz am meisten hängt. Mit Hilfe eines Schlaftrunks und eines Schlummerliedes – „Schuhuhu, schuhuhu, der König macht die Augen zu" – packt die Kluge den König in die Kiste.

Das ist „Die Geschichte von dem König und der klugen Frau" – so hat Carl Orff sein Musiktheaterstück genannt, das auf einem Märchenstoff der Gebrüder Grimm basiert und 1943 in Frankfurt uraufgeführt wurde. John Dew, der Intendant des Staatstheaters Darmstadt, hat daraus eine „Märchenoper für die ganze Familie" gemacht, wie es in der Ankündigung des Theaters heißt. Das Stück stellt eine Mischung aus Oper, Operette, Schauspiel, Clownerie und Commedia dell’Arte dar. So wird es Dew, unterstützt von seinem Kostümbildner José-Manuel Vázquez, wohl auch inszenieren. Der Regisseur hat die Bühne mit ihren vielen Würfeln und dem runden Vorhang im Hintergrund, der an eine Zirkusarena erinnert, selbst ausgestaltet.

Susanne Serfling, die in der Titelpartie zu hören sein wird, schätzt besonders die Farbigkeit der Musik, die das Publikum unmittelbar anspreche. Die Kluge sei eine Person, die alle etwas abgehobenen Menschen, wie etwa den König, auf den „Boden der Tatsachen" zurückführe. Zugleich fragt sie sich, ob Klugheit und Liebe eine Verbindung eingehen können. Tatsächlich scheint der Schluss des Stückes zu belegen, dass Klugheit und Liebe trotz aller Schwierigkeiten zusammengehören.

Orff hat eine volkstümlich-bajuwarisch klingende Musik komponiert, die der aus München stammende Kapellmeister Lukas Beikircher dirigieren wird. Sie steckt voller Vitalität, manche Melodien klingen wie Gassenhauer und Volkslieder, nicht zuletzt durch eine Rhythmik, die oft an den bayerischen Zwiefachen gemahnt. Damit lässt sich auch unterschwellig leichte Gesellschaftskritik äußern. Orff hat daher die drei Strolche in sein von ihm geschriebenes Libretto hinzuerfunden, die mit ihrem närrischen Spiel, das Dew als burleske Clownerie inszenieren möchte, allerlei Wahrheiten verkünden können, die gegen das damalige Nazi-Regime gemünzt waren – in dieser Zeit ist ja „Die Kluge" entstanden.

Mit ihren derben Sprüchen, gewitzten Sentenzen, die Stück und Handlung immer wieder kommentieren, bilden die Strolche ein weiteres Zentrum des Stückes – nicht zuletzt auch mit Hilfe der gezielten Choreografie von Anthoula Papadakis, wodurch das Werk weitere optische Anreize gewinnt.