Nord Rhein Zeitung
17.06.2008

OPER. Seit seiner "Manon" hat Christof Loy eine steile Karriere gemacht. Am Samstag inszeniert er Mozarts "Lucio Silla".
Rückkehr ins Stammhaus

MICHAEL-GEORG MÜLLER

Seit seiner "Manon" sind elf Jahre ins Opern-Land gezogen. Es war unter anderem diese heute fast schon historische Inszenierung des Massenet-Musikdramas in der Oper, die Christof Loy eine glanzvolle Karriere bescherte. Von 1997 an stieg sein Kurs als Regisseur, führte ihn an die großen Musentempel Deutschlands und Europas und wurde im vorigen Sommer durch sein Debüt bei den Salzburger Festspielen gekrönt. Am kommenden Samstag legt der gebürtige Essener mit Mozarts "Lucio Silla" seine 14. Arbeit in Düsseldorf vor - eine Koproduktion mit Kopenhagen, wo die Inszenierung bereits im Januar gefeiert wurde. Denn bei allem Erfolg hat er der Rheinoper, die er vor einigen Jahren als sein "Stammhaus" bezeichnete, die Treue gehalten. Ebenso seinem Bühnenbildner Herbert Murauer, der damals schon "Manon" ausstattete.

Für die Opera Seria um den launischen Tyrannen Lucio Silla - ein Auftragswerk des 16-jährigen Mozarts für die Mailänder Hofoper - brachte Loy neben Murauer auch Simone Kermes. Denn die in Leipzig geborene Mezzosopranistin hat bereits in der dänischen Hauptstadt die "Giunia" gesungen und ist spezialisiert auf die rasanten Koloraturen, die der junge Mozart besonders gern und häufig komponierte.

"Mich interessiert nicht der Zopf von Mozart"

"Je extremer, desto besser für mich", schmunzelt Kermes. Zu Mozarts Zeiten wurden die Arien von Kastraten gesungen, deren Stimmlage heute am ehesten dem Mezzosopran entspricht. Giunia liebt Senator Cecillio (Mariselle Martinez). Dieser wird aber vom launischen Kaiser Lucio Silla verbannt und für tot erklärt, um sich an seine Braut heranzumachen. Dass Giunia ihn aber zurückweist, bedeutet für sie zunächst das Todesurteil. Doch die beiden, die nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf den Imperator gemeinsam in den Tod gehen wollen, erfahren überraschend Gnade. Lucio Silla, der seinem historischen Vorbild, dem gewalttätigen Kaiser Sulla, ähnlich ist, feiert seinen größten Triumph durch den "Sieg über das eigene Herz".

Die großen Augenblicke der Oper, die Loy auf knapp drei Stunden kürzte, sieht er in den Kämpfen des Individuums gegen die Tyrannei. "Giunia und Cecillo sind dem Leben in einer Diktatur nicht gewachsen", erklärt Loy. Und verweist so auf zeitlose gesellschaftliche Probleme. Für ihn ist "Lucio Silla" auch 237 Jahre nach der Uraufführung "ein junges Stück".

So wird Loy auch kein historisierendes Barock-Spektakel auf die Bühne bringen. Eher streng reduzierte Bilder erwarten den Zuschauer, gehalten in Schwarz-Weiß-Kontrasten. "Mich interessiert nicht der Zopf von Mozart", meint Loy. Vielmehr frech und jung - wie Mozart in seiner Zeit aufgefasst wurde - soll seine Fassung sein. Es gehe um das Endstadium einer Diktatur und die Frage "Wie stelle ich mich den Herausforderungen des Lebens?". Dass dabei auch die Vergewaltigung und Todesängste Giunias (durch den Potentaten) zum Thema gemacht werden, war für Simone Kermes nicht immer einfach. "Bei den Proben zieht mich die Rolle häufig runter", berichtet sie. Zum Glück lässt der Gewaltherrscher am Ende Gnade und Milde walten und erlöst das Liebespaar.

Die musikalische Leitung hat Barockspezialist Andreas Stoehr, der bereits Loys Monteverdi-Zyklus dirigiert hat.

Oper, Heinrich-Heine-Allee, Premiere Samstag, 21. Juni, 19.30 Uhr, Vorstellungen am 23., 25., 27., 29. Juni.
Karten/Informationen unter Tel: 8925 211,
www.rheinoper.de

 

Westdeustche Zeitung
Düsseldorf Kultur | 19. Juni 2008

In „Lucio Silla" steckt der ganze Mozart
Christof Loy zeigt „Lucio Silla" in der Kopenhagener Inszenierung an der Rheinoper
von Lars Wallerang



Christof Loy inszeniert die Mozart-Oper in Düsseldorf.
(Foto: Eduard Straub)

Düsseldorf. „Lucio Silla", das sei Mozarts „Tristan und Isolde", sagt Christof Loy. Dafür spreche die Todessehnsucht zweier junger Menschen, die im Stück zum Ausdruck komme. Der 16-jährige Mozart sei kein unreifer Knabe gewesen, er habe in seinem jungen Leben so viel gesehen, wie mancher mit 80 nicht, sagt der Regisseur, der Mozarts Frühwerk „Lucio Silla" an der Oper Kopenhagen inszeniert hat und die Produktion nun an die Düsseldorfer Rheinoper holt. Dieser Einschätzung pflichtet Dirigent Andreas Stoehr bei; die selten aufgeführte Oper lasse bereits den ganzen Mozart erkennen, sei modern, originell, leidenschaftlich, frech, ausladend, ja maßlos.

In Mozarts drittem großen Bühnenwerk geht es um junge Menschen und ihre existenziellen Erfahrungen mit Liebe, Freundschaft, Loyalität und Gerechtigkeit. Man schreibt das Jahr 79 vor Christus: Das Leben und die Liebe der jungen Protagonisten Giunia und Celio sind bedroht durch den launisch und berechenbar regierenden römischen Kaiser Lucio Silla.

Das im antiken Rom spielende Drama will Christof Loy aber in seine eigene Zeit versetzen, sich vor einer banalen Alltags-Übertragung indes hüten.

„Meine Bühne ist minimalistisch und verzichtet auf viele Requisiten", sagt Loy. Im Mittelpunkt stehe der Darstellungsstil der Sänger, die in sich selbst die Wahrheit suchen sollten. Für die Partie der Giunia konnte Christof Loy die international bekannte Sopranistin Simone Kermes gewinnen. „Christof Loy hat mich gefragt, und ich war zunächst noch etwas unsicher", sagt Kermes. Zwar habe sie schon die Konstanze aus Mozarts „Entführung" gesungen, doch diese Partie sei außergewöhnlich virtuos angelegt. „Ich bin froh, dass ich die Rolle schon in Kopenhagen gesungen habe, so dass sie bereits wachsen konnte."

Prinzipiell liege ihr die Partie sehr gut, sagt Kermes, sie singe gerne Koloraturen und könne sich in virtuosen Kadenzen gut einbringen. Bei der Kostümauswahl müsse sie aber einen kleinen Kompromiss eingehen. „Ich dachte, ich bekomme ein schillerndes rotes Kleid, doch mittlerweile weiß ich: Es ist das kleine Schwarze."

Da die Bühne in Schwarz-Weiß gehalten sein soll und sie eine gefangene Frau im Gefängnis spiele, mache sie die Partie zuweilen ein bisschen depressiv.

„Das Stück zieht mich schon etwas runter."

Termine: Öffentliche Generalprobe am Donnerstag, 18 Uhr, Premiere am Samstag, 19.30 Uhr, Aufführungen: 23., 25., 27. Juni, 19.30 Uhr, 29. Juni, 15 Uhr. Karten: Telefon 0211/89 25 211.