![]() 6.11.2007 Potsdamer Trend FRANK KALLENSEE Sprechen wir zunächst über einen Fall von übler Nachrede. Denn schon früh behaupteten seine musikalischen Neider, dass diesem fetten Bonvivant die Kunst und die Welt ebenso wichtig gewesen seien wie Canneloni und Milchkaffee. Für die Ohren Robert Schumanns war er nicht mehr als ein "Dekorationsmaler". Richard Wagner spitzte Lippen und Feder, wenn die Rede auf den "geschickten Verfertiger künstlicher Blumen" kam. Der grimme Hector Berlioz watschte ihn als Zyniker ab. Und bis heute werden, wenn überhaupt, "Der Barbier von Sevilla", "La Cenerentola" oder "Wilhelm Tell" eher als Operetten für Fortgeschrittene gehört und nicht als das, was sie einst waren (und nach wie vor sind): bitterironische Kommentare auf den Kleingeist, nationalen Größenwahn, die heillos triviale Wirklichkeit. Von wegen, Dolce Vita mit Pauken und Trompeten. Es ist an der Zeit, Gioachino Rossini Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Nah bei Mozart Die Potsdamer Kammerakademie geigt und bläst also heftig gegen das Image des melodiebegabten Faulenzers an, welches an dem 1792 geborenen und 1868 gestorbenen Italiener klebt wie Tiramisu in der Schüssel. Schließlich: Wer in 19 Jahren 39 Opern zu komponieren vermochte, sich dabei als begnadeter Rhythmiker hervortat und obendrein noch Italianità mit französischer Romantik versöhnte, der genügt allen Ansprüchen der "Potsdamer Winteroper". Auch wenn in den beiden vorangegangenen Festivaldurchgängen Mozart programmiert war. Oder vielmehr, gerade deshalb. "Rossini", weiß nämlich Andrea Marcon, "steht Mozart näher als Verdi." Als Sozius von Chefdirigent Michael Sanderling ist Marcon für die Historische Aufführungs- und damit die Barock- und Klassikpraxis der Kammerakademiker verantwortlich. Seinem Landsmann Rossini ist er freilich zusammen mit Frauke Roth verfallen, die quick und straff die Geschäfte des Orchesters führt. Bleibt dennoch die Frage, warum unter 39 Möglichkeiten ausgerechnet "La scala di sieta" am Freitag Premiere feiern wird, eine von fünf Fingerübungen, die der junge Generalbassspieler Rossini 1812 für Ferrara und Venedig notierte? "Das Format passt", erläutert Marcon, "das Schlosstheater im Neuen Palais ist für diese Farsa comica wie geschaffen." Demnach gibt einerseits der Raum das Repertoire vor und Rossinis Stücke markieren mithin das obere Ende des dort Machbaren. Der andere Grund ist, klar, das Finanzielle. Rossinis "Seidene Leiter" und die Wiederaufnahme von Mozarts "Così fan tutte" sind Land und Kommune 160 000 Förder-Euro wert. "Aber das ist nicht mal die Hälfte des Etats", bilanziert Frauke Roth. Zudem wurden die Zuwendungsbescheide erst kurz vor Probenbeginn Mitte Oktober erteilt. Sämtliche Solisten-Verträge mussten deshalb "privat unterschrieben" werden und dass sie unterschrieben wurden, war wiederum nur der Bereitschaft der Sänger zu verdanken, für "Knebelhonorare" anzutreten. "Reicht das zum Thema Planungssicherheit?" Die Kulturpolitik wird sich folglich wieder einmal mit Spitzenqualität schmücken können, weil sie Kulturveranstalter hat, die sie für wenig Geld trotzdem liefert. Die feine brandenburgische Art sind solche "Billiglösungen" nicht, aber leider die übliche. Kurzum, die drei "Winteroper"-Ausrichter Kammerakademie, Hans-Otto-Theater und Kult-Brain e. V. waren auf die monetäre und logistische Hilfe der Erfa-Gruppe der Potsdamer Hotels, der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten angewiesen. Am Urtext orientiert Eine Fehlinvestition, das ist bereits sicher, wird es für keinen der Spender. "Die vier ,Scala’- und sechs ,Così’-Vorstellungen sind nahezu ausgebucht", freut sich Frauke Roth. "Restkarten an der Abendkasse!" Diese zu ergattern, lohnt sich, weil Konrad Junghänel einen knackigen Mozart taktiert, vor allem jedoch, weil Rossini hier nicht mehr den akustischen Witzbold geben muss. Regisseurin Catarina Panti Liberovici entdeckt die Charaktere im intriganten Heiratshandel neben, auf, unter, über der "Seidenen Leiter". Sie "füge nichts hinzu, sondern suche in der Tiefe", beschreibt sie ihre Dramaturgie. Was das betrifft, ist sie sich mit Felice Venanzoni einig, der den Einakter vom Hammerflügel aus leiten wird: Entschlackt, entsüßt, abgründig, tempofrisch, am "Urtext der Partitur orientiert", wie er knapp erörtert. "Rossini ist alles. Freude und Trauer, Schmerz und Lust, Übermut und Melancholie, Schrecken und Schönheit." Er will ihn ganz neu original klingen lassen. Ein Spagat, der bei Gelingen einen Trend setzen dürfte. Von Potsdam aus! Das Vokalpersonal hat er dafür: Raffaela Milanesi, Daniele Zanfardino, Giorgia Milanesi, Maurizio Leoni, Christian Dietz und Enrico Marabelli sind stimmlich Güteklasse A. Auf dem Gipfel seines Ruhms hatte Rossini die Musik aufgegeben. Zur Gabe des Komponierens gesellte sich bei ihm die sehr viel seltenere der Selbsteinschätzung. Beethovens Mahnung, er möge doch noch viele "Barbiere" zu Papier bringen, wehrte er klug ab: "Wenn ich noch etwas besser machen kann, so ist es, zu schweigen." Doch wie gesagt, bis zu seinem Verstummen hatte er die Welt mit 39 Opern beschenkt. Da sollte sich wohl noch die ein oder andere für Potsdams "Winteroper" finden lassen. Bevor andere mit Rossini in den Charts punkten. Wie der Alte-Musik-Pultstar René Jacobs etwa, der inzwischen auch auf den Belcantisten aus Pesaro gekommen ist. Fürs erste ist die Kammerakademie im Vorteil, sie hat die Konkurrenz abgehängt. Potsdamer Winteroper: "La scala di sieta" am 9., 10., 16., 17. November, 19 Uhr. "Così fan tutte" am 24., 30. November, 1., 29. Dezember, 19 Uhr; 25. November, 16 Uhr; 31. Dezember, 15 Uhr. Schlosstheater im Neuen Palais, Park Sanssouci, Potsdam . |
Potsdamer Winteroper startet am Freitag mit Rossini ihre dritte Saison Die seidene Leiter" ist eher ein seidener Faden: Zwar sprechen alle von einer Erfolgsgeschichte. Dennoch bangen sie zugleich um ihre Fortschreibung. Nach wie vor ist die Finanzierung der Potsdamer Winteroper, die am Freitag mit der Premiere der Oper „Die seidene Leiter" ihre dritte Neuauflage erlebt, eine Zitterpartie. Weniger als die Hälfte der 300 000 Euro, die das ambitionierte Unternehmen kostet, steuert die öffentliche Hand bei. Auch auf der gestrigen Pressekonferenz im Hotel Steigenberger hielten sich Stadt und Land mit konkreten Zusagen zurück. Hajo Cornel, Abteilungsleiter im Kulturministerium, zeigte sich zwar froh, dass sein Haus vor drei Jahren die Waghalsigkeit eingegangen ist, das Projekt mit zu unterstützen. „Aber ob wir in der Lage sind, die Entwicklungssprünge, die die Winteroper nimmt, mitvollziehen zu können, kann ich nicht versprechen." Und damit nahm er seiner Kollegin aus der Stadt, Kultur-Fachbereichsleiterin Birgit-Katherine Seemann, fast die Worte aus dem Munde. Sie räumte zwar ein, dass es Ansätze dafür gebe, im kommenden Jahr eine Sockelfinanzierung bereit zu stellen – gespeist aus Hauptstadtmitteln – doch auch bei ihr blieb alles vage. Allein, woher die jetzigen städtischen Zuschüsse von 20000 Euro kommen, klang äußerst nebulös: „Aus Veräußerungen, die vorher nicht geplant waren," sagte sie. Auf jeden Fall fließt das Geld in die am 24. November beginnende Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Cosi fan tutte" sowie in die Neuinszenierung von „La scala di seta" (Die seidene Leiter) von Rossini, die als Koproduktion von Kammerakademie Potsdam und Hans Otto Theater am Freitag erstmals im Schlosstheater zu erleben ist. Diese verworrene Liebeskomödie lebt von dem absurden Beziehungsgeflecht zweier Frauen mit drei Männern, in dem die seidene Leiter das wichtigste Requisit ist. Die Inszenierung steht ganz im Zeichen Italiens: nicht nur die Sänger sind von dort. Auch Regisseurin Caterina Panti Liberovici ist Italienerin. Wie auch Andrea Marcon, der Leiter der Kammerakademie Potsdam, in dessen Händen die Einstudierung liegt – und Felice Venanzoni, der den Einakter vom Hammerflügel aus leitet. Offensichtlich trifft diese internationale Ausrichtung den Nerv der Besucher. „Es ist das erste Jahr, dass wir die Karten so schnell an unsere Gäste bringen konnten. Von den 800 Tickets sind bereits 750 verkauft. Das ist für uns ein großer Erfolg und zeigt, dass Kontinuität etwas zu Wege bringt" so Gondra Wettley, die sich gestern im Namen der elf in der Erfa-Gruppe vereinten Potsdamer Hotels äußerte. Diese stehen mit rund 40 000 Euro hinter der Winteroper, die über touristische Durststrecken helfen soll. „Wir sprechen mit diesem speziellen Angebot ein sehr kunstinteressiertes Publikum an, das auch bereit ist, entsprechendes Geld zu bezahlen. " In dem Kulturpaket der Hotelgäste werde erstmals eine Führung im Neuen Palais, Schloss Sanssouci oder im Marmorpalais mit enthalten sein. Zudem gebe es eine Einführung in die Oper. Am besten ließe sich das Kulturangebot, das auch von der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH mit 50 000 Euro bezuschusst wird, promoten, wenn die Termine sehr langfristig feststünden. „So wie bei der Schlössernacht", betonte Steigenberger-Chefin Gondra Wettley. Doch dem steht die fananzielle Unwägbarkeit im Wege. Gerade erst hat die Kammerakademie seinen Zuwendungsbescheid für dieses Jahr erhalten. Das bedeutet, dass die Verträge mit den Künstlern immer auf Risiko eingegangen werden. Dennoch brodelt es durchaus schon weiter in der Ideenküche der Kulturträger. Theaterintendant Uwe Eric Laufenberg möchte nächstes Jahr gemeinsam mit Konrad Junghänel Mozarts „Die Entführung aus dem Serail" auf die Schlosstheater-Bühne bringen und mit Regisseur Ingo Kerkhof steht man in Verhandlung für die Händel-Oper „Alcina", für die wiederum Andrea Marcon die musikalische Leitung übernehmen soll und die als Koproduktion mit den Händel-Festspielen angedacht ist. „Wenn wir diese zwei hochkarätig angelegten Inszenierungen realisieren wollen, dann werden wir mit dem diesjährigen Budget nicht auskommen. Dazu sind wir mit Stadt und Land im Gespräch", so der Vereinsvorsitzende der Kammerakademie, Jochim Sedemund. Er könnte sich gut vorstellen, mit den Produktionen auch in andere Städte zu reisen. „Jede dieser Neuproduktionen kostet 200 000 Euro und das ist äußerst kosteneffizient. Eigentlich sind die Honorare für die Künstler sittenwidrig. Wir sind bereit, viel zu geben, aber es gibt Grenzen", so Frauke Roth, Geschäftsführerin der Kammerakademie. Dennoch verdienen sich die Musiker ihres Orchesters durch die Winteroper ein kleines Zubrot: „Im Durchschnitt haben unsere Musiker einen Monatsverdienst von 800 Euro, durch die Winteroper kommen sie auf rund 1000 Euro," betont Sedemund. Da die Karten für die beiden diesjährigen Opern-Angebote mit jeweils vier Aufführungen im Freiverkauf im Nu vergriffen waren und nur noch Restkarten vorhanden sind, möchte Laufenberg am 29. und 31. Dezember den Potsdamerm zwei Vorstellungen anbieten, die auf Kostendeckung zielen. „Dafür müssen wir aber Preise bis zu 90 Euro nehmen. Wir wissen nicht, ob die Leute dazu bereit sind." Denn selbst wenn sich eine Inszenierung bei steigenden Vorstellungszahlen besser rechne, bleiben die Aufführungen bei erträglichen Preisen immer ein Zuschussgeschäft. Und damit ein Thema der öffentlichen Hand. Heidi Jäger |
La Kammerakademie di Potsdam, da qualche anno impegnata anche nella lirica Intervista alla giovane regista torinese Caterina Panti Liberovici Realtà musicale fra le più attive ed impegnate nel panorama musicale della provincia berlinese, oltre ad una ricca stagione concertistica che spazia dal repertorio classico al contemporaneo, l’orchestra da camera Kammerakademie Potsdam da qualche stagione è impegnata anche in produzioni operistiche. Il prossimo 9 novembre (con repliche il 10, 16 e 17 novembre) nel teatrino di corte della reggia prussiana di Sanssouci si inaugura infatti la Potsdamer Winteroper con una nuova produzione della rossinana Scala di seta. L’altra novità è che da questa stagione, Andrea Marcon affiancherà Michael Sanderling nella conduzione artistica dell’orchestra. Una scelta, questa, che si spiega con la volontà della Kammerakademie di approfondire un percorso interpretativo del repertorio classico e preclassico ispirato a prassi esecutive filologiche, che un esperto del livello di Andrea Marcon può garantire. Per La scala di seta Marcon, impegnato in una tournée con la "sua" Orchestra Barocca Veneziana, dopo le prove cederà il podio al collega Felice Venanzoni. Marchigiano, pianista di formazione e attualmente maestro accompagnatore all’Oper Frankfurt, dove nelle scorse stagioni ha diretto numerose produzioni barocche (le händeliane Agrippina e Ariodante, e la trilogia monteverdiana), il quasi debuttante Venanzoni ha un progetto chiaro: "Forse perché lavoro molto con i cantanti, ma ritengo che nel primo Rossini e particolarmente in quest’opera – drammaturgicamente acerba - occorra lasciare spazio alle voci. Del resto all’epoca i cantanti erano i veri dittatori". Mano libera ai capricci dei cantanti quindi? "Contrariamente a quanto si sente spesso dire, non tutto è scritto in Rossini e questo ci dà la possibilitàdi essere creativi. Abbiamo l’abitudine a pensare che questo repertorio parli da solo. Ma come insegnano i barocchi, occorre descrivere agogicamente gli affetti, estremizzare il fraseggio, inventare variazioni e abbellimenti, per creare una drammaturgia musicale che nasca dalla conoscenza e dal rispetto della prassi esecutiva. In questo senso vorrei che il mio Rossini fosse barocco". Un’idea condivisa con Marcon, che spiega la preferenza per cantanti giovani ma esperti di canto barocco scelti per il cast, a cominciare dalle gemelle Raffaella e Giorgia Milanesi, impegnate nei ruoli di Giulia e Lucilla, e Daniele Zanfardino che intepreterà Dorvil. Regista della produzione di Potsdam sarà Caterina Panti Liberovici. Torinese, allieva della scuola di recitazione del Teatro Stabile di Torino nell’era Ronconi, Liberovici si occupa da qualche anno di regia operistica dopo il passaggio all’Accademia del Teatro alla Scala: "Seguo l’opera da quando avevo 11 anni, ma il salto professionale l’ho fatto certamente dopo l’Accademia della Scala ma soprattutto grazie alla gavetta come assistente interno in teatro: ho imparato guardando, vedendo come si fa l’opera. Mi sono inventata il mio modo di fare opera quando i teatri hanno cominciato ad offrirmi occasioni di lavoro come regista". Perché proprio La scala di seta? "Dopo aver lavorato al Matrimonio segreto che ho fatto a Osijek nel 2001, mi sembrava una scelta in qualche modo obbligata: queste due opere sono sorelle! In realtà, per questo debutto, con Marcon avevamo pensato ad un’opera giovanile rossiniana e nella Scala di seta penso si possa lasciare più di un segno a livello interpretativo". Venendo all’idea registica per questa Scala di seta, la chiave che la regista intende seguire è quella della seduzione e di una spiccata sensualità: "Studiando quest’opera avevo un’idea fissa: il voyeurismo. Quest’idea ha ispirato la scelta dell’ambientazione negli anni ’20 per le scene disegnate da Sergio Mariotti e soprattutto i costumi di Cristina Aceti, un’epoca di erotismo elegante e voyeuristico, di immagini seducenti ma non troppo sfacciate. La mia scala non sarà una vera scala a pioli o quant’altro, ma ispirerà piuttosto il profumo della seduzione così come la morbidezza della seta evoca la sensualità. I seduttori di Giulia saranno attirati dai capi di abbigliamento - una sciarpa, un guanto, la guepière, una calza - che Giulia perderà o lascerà dietro di sé". Completano il cast Enrico Maria Marabelli (Germano), Maurizio Leoni (Blansac) e Christian Dietz (Dormont). Oltre a La scala di seta, la Potsdamer Winteroper proporrà la ripresa il 24 novembre del Così fan tutte allestita nella scorsa stagione da Uwe Eric Laufenberg e diretta da Konrad Junghänel, un altro esperto di musica e vocalità barocca. http://kapo.walka.deStefano Nardelli |