OPER VON STEFAN SCHICKHAUS Boot-Camp, Burn-Out, Cash-Flow, Outplacement, Win-Win-Situation und Work-Life-Balance: Als die Oper "Unter Eis" 2007 in der Jahrhunderthalle Bochum in Koproduktion mit der Oper Frankfurt uraufgeführt wurde, erklärte ein Glossar im Programmheft die wichtigsten Fachbegriffe und Worthülsen aus jener Heißluftwelt, in der diese Oper spielt. "Man freut sich. Endlich mal keine Oper mit Mythen, Griechen, Römern, germanischen Göttern, verblasstem, mehr oder weniger historischem Personal", schrieb damals die Zeitung Die Welt. Vielmehr: "mit Dax-Menschen von heute, erfrischend gefühllosen Spekulanten, Abzockern, Börsenhaien. Typen, deren Geiz nicht nur geil ist, sondern auch noch singt". "Unter Eis" basiert auf einem Theaterstück Falk Richters, der es für den 35-jährigen Komponisten Jörn Arnecke als Opernlibretto eingerichtet hat. Es geht hier um einen Niemand aus der Consulting-Branche: Paul Niemand, dem es mit fortschreitendem Alter immer schwerer fällt, sich in seiner von Effizienz geprägten, glatten Arbeitswelt gegen seine jüngeren Kollegen Karl Sonnenschein und Aurelius Glasenapp zu behaupten. Alleine die Namen: Schöner Schall und Rauch! Arnecke hat für die Lebens- und Arbeitssphären der Protagonisten eindeutige Klänge gefunden: Hart und mechanisch hämmert das Business, doch wenn Paul Niemand sich aus dieser Mühle ausklinkt, fließen aus zwanzig Streichern "fahle Klänge und eng verwobene Linien wie hörbar gemachte Hirnströme", wie es in einer Uraufführungskritik hieß. Der Rezensent der Zeitung Die Welt, der in Bochum die Premiere verfolgte, hatte übrigens gleich die Zweitaufführung im Hinterkopf. Denn dieses Stück sei "sicher richtig für die koproduzierende Oper Frankfurt, wo mehr Top-Dog-Zielpublikum sitzt als im downgesizten Bochum". Unter Eis, 2.6., 20 Uhr (Premiere), [ document info ] | |
Branchenjargon und Kantilenen Eine vollkommen neue Oper setzten Jörg Arnecke und Falk Richter mit ihrem gemeinsamen Projekt in die Welt, die als die erste „Consulting-Oper" gelten könnte. Das Musiktheater-Stück „Unter Eis" mit dem Bariton Markus Brück in der Hauptrolle spielt – ganz ungewohnt in diesem Genre – im Milieu der Unternehmensberater. Der Protagonist Paul Niemand beginnt unter dem Leistungs- und Erfolgsdruck seiner Branche nach und nach an dieser und an sich selbst zu zweifeln. Eine Satire auf eine eigenartige Branche, die auf poetische Weise vom Scheitern erzählt. 20 Uhr, Bockenheimer Depot, Carlo-Schmid-Platz 1, Frankfurt. Eintritt: 15–50 Euro, Telefon (0 69) 1 34 04 00. | |